Matronenhaft, eine Zigarette in der Hand, Dutzende zerdrückt im Aschenbecher vor ihr, sitzt Berta, die »wahre jüdische Prinzessin«, ihrer Enkelin gegenüber. Die friedvolle Terrasse ist ein Ort familiärer Intimität, voller Pflanzen und fern von jedem äußeren Einfluss. Berta hat Shira gerade im Monopoly geschlagen und will noch kurz die Geschäftsbilanzen der Kneipe besprechen, die sie ihr großzügig finanziert hat. Nicht ganz ohne Ironie hat Shira diese »The real jewish princess« getauft.
Oma und Shira sind ein Herz und eine Seele, denn beide verbindet ein Geheimnis. Berta liebt einen Araber, und das schon sehr lange, ohne dass die Familie etwas ahnt, und Shira ist die Einzige, die eingeweiht ist. Keine Frage, denn auch sie lebt, was die Liebe angeht, nicht der Norm entsprechend. Sie liebt offen und sehr polygam Frauen. Die Familie hat es akzeptiert, mokiert sich eher über die häufig wechselnden Partnerschaften als über deren Geschlecht.
Nun aber ist es Shira zum ersten Mal ernst. Mit der deutschen Maria, die in Israel über den Klimawandel promoviert, will sie ihr Leben teilen.
heiratsantrag Und prompt missversteht sie eine Geste als Heiratsantrag, was Maria, gerührt von der Romantik der Situation, auch nicht aufklärt. So nimmt alles seinen Lauf. Und wenn eine Familie von Holocaust-Überlebenden auf eine urdeutsche trifft, sind die Konflikte vorprogrammiert.
Shirel Peleg beherrscht in ihrem Debütfilm Kiss Me Kosher die Klaviatur der kulturellen Missverständnisse und spielt gekonnt mit den Klischees.
Shirel Peleg beherrscht in ihrem Debütfilm Kiss Me Kosher die Klaviatur der kulturellen Missverständnisse und spielt gekonnt mit den Klischees, ohne auf sie hereinzufallen. Die Regisseurin hat zuerst am Sapir College in Israel studiert, danach an der Filmakademie Baden-Württemberg und setzte sich immer wieder mit der NS-Vergangenheit Deutschlands auseinander.
An keiner Stelle driftet Peleg ins Klischee ab, sie enthält sich jeder Dramatisierung oder gar Schuldzuweisung. Sie zeigt, was ist. Wie Menschen leben und warum sie tun, was sie tun. Es geht ihr um den Alltag in der persönlichen Unnormalität.
komödie Peleg stellt niemanden bloß, sondern benutzt Themen wie Schuld und Schicksal, um deren Unauflösbarkeit in eine Komödie zu verwandeln. Sie kennt sich aus in den Falten der Geschichte und kann sich deshalb darüber hinwegsetzen. Ihr Film verlässt sich auf die Kraft der Figuren und damit auf die überzeugenden Schauspieler, darunter Juliane Köhler und Bernhard Schütz als Marias Eltern, John Carroll Lynch als Shiras Vater und nicht zuletzt Moran Rosenblatt als Shira und Luise Wolfram als Maria.
Am Ende des Films gibt es tatsächlich eine Hochzeit und die dazugehörigen Trinksprüche. »LeChaim«, sagt dann jemand, und Hochzeiten sind ja so schön, vor allem, wenn es nicht die eigene ist.
Ab 10. September im Kino