Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat vor einer Relativierung des Holocaust-Gedenkens gewarnt. »Wer heute in Deutschland glaubt, das Gedenken und Erinnern an die Schoa müsse in einen größeren Rahmen eingebettet werden, der liegt falsch«, sagte er am Sonntag im oberbayerischen Dachau.
»Die Beschäftigung mit jeder Form von Unrecht, Terror und Gewalt hat seine Berechtigung und Notwendigkeit, aber die Schoa, die industriell geplante Massenvernichtung der europäischen Juden, ist singulär in der deutschen Geschichte. Sie duldet keine Relativierung.«
Schuster äußerte sich bei der Gedenkfeier des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern zum 79. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau.
Um das Thema Erinnerungskultur gibt es seit Wochen Streit. Hintergrund ist ein dazu von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) vorgelegtes viel kritisiertes Konzept. Darin werden nicht nur das Gedenken an NS-Zeit, Schoa und deutsche Teilung angeführt, sondern auch Kolonialismus, Einwanderungsgesellschaft und Demokratiekultur als zusätzliche Pfeiler der Erinnerungskultur identifiziert. Kritiker sehen etwa eine Gefahr in einem Nebeneinanderstellen von zu unterschiedlichen Verbrechenskomplexen.
Er führte aus: »Die Ausmaße, die das annimmt, können wir bereits jetzt beobachten: 79 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges skandieren junge Linke angesichts der Solidarisierung der deutschen Politik mit Israel ›Free Palestine from German Guilt‹. An der Universität der Künste in Berlin werden Lynchmorde an Juden verherrlicht.«
Der Zentralratspräsident mahnte: »Das Erinnern und Gedenken an die Schoa in Deutschland droht im Deutungskampf der Extreme aufgerieben zu werden. Wir werden das nicht zulassen! Wenn dieser bundesdeutsche Konsens fällt, werden wir in einigen Jahren unser Land nicht wiedererkennen.« kna/ja