Wuligers Woche

Endstation Donald

Der Mann im Weißen Haus liebt es, Wolkenkratzer, Luxusresorts und Jumbojets mit seinem Namen zu schmücken

von Michael Wuliger  02.01.2018 12:34 Uhr

Der Mann im Weißen Haus besitzt ein, sagen wir mal, ausgeprägtes Ego. Foto: Thinkstock, Montage: Marco Limberg

Der Mann im Weißen Haus liebt es, Wolkenkratzer, Luxusresorts und Jumbojets mit seinem Namen zu schmücken

von Michael Wuliger  02.01.2018 12:34 Uhr

Yisrael Katz ist, um seinen englischen Titel zu zitieren, »Minister of Transportation and Intelligence« des Staates Israel. »Transportation« heißt Verkehr; »Intelligence« bedeutet »Geheimdienst«, verweist also nicht auf besondere Geistesgaben des Amtsinhabers.

Das erklärt vielleicht die neueste Initiative des Likud-Politikers: Katz will zu Ehren Donald Trumps und als Dank für dessen Jerusalem-Entscheidung einer Station der Hochgeschwindigkeitsbahn Tel Aviv–Jerusalem den Namen des US-Präsidenten geben. Und nicht irgendeiner Bahnstation: Es soll die an der Kotel werden, der Westmauer des Tempels. Werden in einigen Jahren Besucher der heiligsten Stätte des Judentums zu »Donald Trump« beten fahren?

planungsfehler Denn bisher steht der Halt nur auf dem Papier. Die Bahn ist seit 2001 im Bau. Ihre Inbetriebnahme musste bereits etliche Male wegen diverser Planungsfehler verschoben werden. Angeblich soll sie dieses Jahr aber ganz sicher endlich eröffnet werden. Oder vielleicht auch nicht. Es handelt sich offenbar um die zionistische Variante des neuen Berliner Großflughafens.

Das ist eventuell auch zum Besten. Minister Katz hat so die Möglichkeit, seinen Vorstoß noch einmal zu überdenken. Ganz ausgereift ist die Idee nämlich nicht. Mal abgesehen davon, dass die Benennung öffentlicher Einrichtungen nach lebenden Personen eher in die politische Kultur des Stalinismus passt und heute nur noch von Dritte-Welt-Autokratien wie Turkmenistan praktiziert wird. Das würde den prospektiven Namensgeber wahrscheinlich nicht stören.

Aber der Mann im Weißen Haus besitzt ein, sagen wir mal, ausgeprägtes Ego. Er liebt es, Wolkenkratzer, Luxusresorts und Jumbojets mit seinem Namen zu schmücken. Eine popelige Bahnstation nach ihm zu benennen, dürfte er eher als Beleidigung auffassen. Wenn schon, müsste es der Dritte Tempel sein. Darunter tut ein Donald Trump es nicht.

preisungen Außerdem: Auch die politischen Repräsentanten anderer Staaten, die jetzt Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen, werden öffentliche Preisungen erwarten. So viele Gebäude hat Zion nicht, um alle adäquat zu ehren, falls das Momentum anhält. Sollte auch Deutschland irgendwann einmal nachziehen, wird es wahrscheinlich nur noch für die Sigmar-Gabriel-Herrentoilette reichen.

Nicht zuletzt – die Fans des Präsidenten mögen es mir nachsehen: Was, falls Donald Trump wegen seiner Skandale in Schimpf und Schande aus dem Amt gejagt werden sollte? Dann müsste die Bahnstation umbenannt werden. Aber nach wem? Bibi Netanjahu würde sich gewiss nicht zieren, seinen Namen dafür herzugeben. Allerdings, siehe oben unter Skandale …

Und Yisrael Katz? Sein Einsatz sollte nicht vergessen werden. Wie erfahrene Bahnnutzer wissen, fällt dieses Verkehrsmittel regelmäßig aus. Zu Ehren des Ministers könnte ein überfüllter Bus des Schienenersatzverkehrs nach ihm benannt werden. »Kasimir Blaumilch« ist leider schon vergeben.

Haushaltslage im Land Berlin

Topographie des Terrors befürchtet Einschränkungen

Stiftungsdirektorin Andrea Riedle sieht vor allem die Bildungsarbeit gefährdet

 26.12.2024

Rezension

Fortsetzung eines politischen Tagebuchs

In seinem neuen Buch setzt sich Saul Friedländer für die Zweistaatenlösung ein – eine Vision für die Zeit nach dem 7. Oktober ist allerdings nur wenig greifbar

von Till Schmidt  26.12.2024

Medien

Antisemitische Aggression belastet jüdische Journalisten

JJJ-Vorsitzender Lorenz Beckhardt fordert differenzierte und solidarische Berichterstattung über Jüdinnen und Juden

 26.12.2024

Rezension

Ich-Erzählerin mit böser Wunde

Warum Monika Marons schmaler Band »Die Katze« auch von Verbitterung zeugt

von Katrin Diehl  25.12.2024

Bräuche

»Hauptsache Pferd und Kuh«

Wladimir Kaminer über seine neue Sendung, skurrile Traditionen in Europa und das Drecksschweinfest in Sachsen-Anhalt

von Nicole Dreyfus  25.12.2024

Dessau

Was bleibt

Am Anhaltinischen Theater setzt Carolin Millner die Geschichte der Familie Cohn in Szene – das Stück wird Anfang Januar erneut gespielt

von Joachim Lange  25.12.2024

Kolumne

Aus der Schule des anarchischen Humors in Minsk

»Nackte Kanone« und »Kukly«: Was mich gegen die Vergötzung von Macht und Machthabern immunisierte

von Eugen El  24.12.2024

Rezension

Die Schönheit von David, Josef, Ruth und Esther

Ein Sammelband bietet Einblicke in die queere jüdische Subkultur im Kaiserreich und der Weimarer Republik

von Sabine Schereck  24.12.2024

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 19. Dezember bis zum 2. Januar

 23.12.2024