Sehen!

»Ende einer Verhandlung«

Souverän inszeniert: Anna Gmeyners Drama Foto: Christina Iberl

Immer wenn die Uraufführung von Stücken oder Opern auf dem Programm stehen, die schon in den 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts entstanden sind, lohnt es sich, einen Blick auf die Biografie der Autoren zu werfen. Das ist auch bei Anna Gmeyners Geschworenendrama Ende einer Verhandlung so, mit der jetzt das Schauspiel des Staatstheaters Meiningen einen veritablen Publikumserfolg landete.

Die 1902 in Wien geborene jüdische Autorin kehrte im Januar 1933 von einem Arbeitsaufenthalt in Paris nicht nach Deutschland zurück, wo ihre Werke im selben Jahr verboten wurden. Sie lebte und arbeitete bis zu ihrem Tod 1991 im englischen York.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Ein Höhepunkt ihrer bisherigen Wiederentdeckung als Theaterautorin war 2021 die Einladung der Burgtheater-Inszenierung ihres Stückes Automatenbüffet zum Berliner Theatertreffen. Es war 1933 noch am Schauspielhaus Zürich mit Therese Giehse in der Hauptrolle uraufgeführt worden. Nun also das Ende einer Verhandlung, für dessen Bühnenpremiere sich Verlag und Erben mit Engagement ins Zeug gelegt haben.

In dem vom Meininger Schauspielchef Frank Behnke souverän inszenierten Stück ziehen sich zwölf Geschworene zurück, um zu einem einstimmigen Urteil zu kommen. Die Frage, ob der Angeklagte seine Frau wirklich aus Eifersucht über die Klippe gestoßen hat oder ob es nicht vielleicht doch ein Unfall war, bleibt lange genauso offen wie die nach dem analogen Fall des lange schweigsamen Geschworenen Mr. Smith (Jürgen Hartmann) viele Jahre davor.

Alle verlieren mal die Fassung.

Das Ganze funktioniert fabelhaft, weil es keine der modischen Roman- oder Filmadaptionen, sondern ein »richtiges« Stück und für die Darsteller der zwölf Geschworenen eine ideale Steilvorlage ist, ihre Charaktere zu profilieren. Es wird miteinander (beziehungsweise aufeinander ein-)geredet, auch mal aufeinander losgegangen. Hier verlieren alle mal die Fassung, geben mehr Eigenes preis, als sie eigentlich wollten. Wie sie das machen, ist im Wechselspiel dieser Geschworenen pure Theaterfreude.

Hinzu kommt, dass Ausstatter Christian Rinke einen kongenialen Bühnenraum maßgeschneidert hat. Ein Tisch in der Mitte, zwei Fenster, eine perspektivische Verzerrung, die Spielfläche leicht ansteigend. Das passt haargenau als Raum für eine Personenregie, die mit leichter Hand Lebensnähe vermittelt. Ein Zuwachs des Kanons, der sich lohnt.

Nächste Aufführungen in Meiningen am 10., 13., 26 und 30. Oktober.

Malerei

First Ladys der Abstraktion

Das Museum Reinhard Ernst in Wiesbaden zeigt farbenfrohe Bilder jüdischer Künstlerinnen

von Dorothee Baer-Bogenschütz  14.01.2025

Leipzig

»War is over« im Capa-Haus

Das Capa-Haus war nach jahrzehntelangem Verfall durch eine bürgerschaftliche Initiative wiederentdeckt und saniert worden

 14.01.2025

Debatte

»Zur freien Rede gehört auch, die Argumente zu hören, die man für falsch hält«

In einem Meinungsstück in der »Welt« machte Elon Musk Wahlwerbung für die AfD. Jetzt meldet sich der Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner zu Wort

von Anna Ringle  13.01.2025

Krefeld

Gütliche Einigung über Campendonk-Gemälde

An der Einigung waren den Angaben nach die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth (Grüne), das Land NRW und die Kulturstiftung der Länder beteiligt

 13.01.2025

TV

Handgefertigte Erinnerung: Arte widmet Stolpersteinen eine Doku

Mehr als 100.000 Stolpersteine erinnern in 30 Ländern Europas an das Schicksal verfolgter Menschen im Zweiten Weltkrieg. Mit Entstehung und Zukunft des Kunstprojektes sowie dessen Hürden befasst sich ein Dokumentarfilm

von Wolfgang Wittenburg  13.01.2025

Mascha Kaléko

Großstadtdichterin mit sprühendem Witz

In den 20er-Jahren war Mascha Kaléko ein Star in Berlin. Die Nazis trieben sie ins Exil. Rund um ihren 50. Todestag erleben die Werke der jüdischen Dichterin eine Renaissance

von Christoph Arens  13.01.2025

Film

»Dude, wir sind Juden in einem Zug in Polen«

Bei den Oscar-Nominierungen darf man mit »A Real Pain« rechnen: Es handelt sich um eine Tragikomödie über das Erbe des Holocaust. Jesse Eisenberg und Kieran Culkin laufen zur Höchstform auf

von Lisa Forster  13.01.2025

Sehen!

»Shikun«

In Amos Gitais neuem Film bebt der geschichtsträchtige Beton zwischen gestern und heute

von Jens Balkenborg  12.01.2025

Omanut Zwillenberg-Förderpreis

Elianna Renner erhält Auszeichnung für jüdische Kunst

Die Schweizerin wird für ihre intensive Auseinandersetzung mit Geschichte, Biografie und Politik geehrt

 12.01.2025