Er verhieß Geschichten »aus den Papieren eines Berliner Kriminalbeamten«: 1987 erschien ein Nachdruck des 1844 anonym publizierten Fortsetzungsromans Die Geheimnisse von Berlin. Beigefügt sind ihm sechs Seiten aus Carl Wilhelm Zimmermanns Die Diebe in Berlin (1847) mit einschlägigem Vokabular und dem Eintrag:
»Emmes, m., das Geständnis. Daher Emmes machen oder Emmes pfeifen: ein Geständnis ablegen; Emmes putzen: die abgelegten Geständnisse zu seinem Vorteil wieder modifizieren. Ein lawer Emmes, d.h. gar kein Emmes, eine Lüge oder Unwahrheit; die Emmesprise: der Tabak, den Inquirenten gewöhnlich den geständigen Angeklagten verabfolgen lassen.«
Jiddisch Alfred Klepschs Westjiddisches Wörterbuch (1973) weist Emmes der Viehhändlersprache, dem Jüdischdeutschen und dem Jiddischen zu. Erich Bischoff nennt im Glossar Jüdisch-deutscher und deutsch-jüdischer Dolmetscher (1916) als Kurzform das gaunersprachliche Adjektiv ems (richtig, gut), Hansjörg Roth in Barthel und sein Most (2007) den Emmesfiesel (der Gaunerkünste und -sprache beherrscht) und den Emmesgadscho (Verräter).
Anja Liedtke und Meir Schwarz erwähnen im Wörterbuch So sagt man halt bei uns (2012) die Adjektiv-Ableitung emesdig. Hans Peter Althaus verweist 2015 in Chuzpe, Schmus & Tacheles auf die Schülerillustrierte »Hilf mit!«, in der man 1937/38 Juden zu diffamieren suchte, indem man ihnen rotwelsche Formen zuwies: »Wenn Se mir zusagen, dass ich kein Knast (Strafe) bekomme, will ich Ihnen den Emmes dibbern (die Wahrheit sagen) über die Einbrüche.«
Wahrheit Worthistorisch ist seit dem biblischen Hebräisch das Substantiv emét (Beständigkeit, Zuverlässigkeit, Sicherheit, Ehrlichkeit, Treue) belegt; im Jiddischen wie im Iwrit gilt die Bedeutung »Wahrheit«; das Jenseits ist für die Rabbiner Ojlem-Emmes, die Welt der Wahrheit.
Von 1920 bis 1939 gab es das Moskauer Blatt »Der Emes«, ein jiddisches Pendant zur russischsprachigen »Prawda«. Werner Weinberg führt in Die Reste des Jüdischdeutschen (1973) das Substantiv (der reine emmes = die reine Wahrheit) und das variabel als Interjektion benutzte Adjektiv (wirklich!/bist du sicher?) auf.
Um die Wahrheit ringen auch Sinnsprüche. Abraham Tendlau sondiert 1860 in Jüdische Sprichwörter und Redensarten: »Warum sind in Scheker (Lüge) die Buchstaben beieinander (im hebräischen Alphabet folgen sich die Buchstaben Koph, Resch, Schin, die das Wort Scheker bilden, unmittelbar), in Emet (Wahrheit) hingegen weit voneinander (das Aleph ist der erste Buchstabe, das Mem ein mittlerer und das Taw der letzte des Alphabets)?«
Schwindel Die Antwort: »Lüge ist häufig, Wahrheit selten.« K.F.W. Wanders Deutsches Sprichwörter-Lexikon (1867) zitiert: »Der Emmes is der größte Schwindel«; Salcia Landmanns Jüdische Anekdoten (1965) betonen: »Der halber emess is der geferlichster lign.« Der polnische Komponist Mordechaj Gebirtig (1877–1942) fragt in einem Lied: »Shloymele liber, kh‹vil endlekh visn, zog mir dem emes, vos iz mit dir?«
Emmes überlebt in Sonder- und Geheimsprachen. Christian Efings Studie Das Lützenhardter Jenisch (2005) widmet sich dem Gaunerdialekt nahe Freudenstadt. Jenisch, abgeleitet von der Romanes-Wurzel dzanel (wissen), ist ein funktionsbezogener Sprachname – ähnlich dem westfälischen Emmes, dem Hundshagener Kochum der Eichsfelder Wandermusikanten (hebr. chochem = klug) und der rheinischen Kundensprache, der »Sprache der Kundigen«.
In ihrer Arbeit über Das Mastbrucher Emmes (2013) deuten Klaus Siewert und Jens Klüsekamp das noch heute von Jugendlichen im Paderborner Schloß Neuhaus benutzte Idiom.