Klassik

Eine Liebeserklärung an die Mandoline

Preisträger des OPUS KLASSIK: Avi Avital Foto: Stephan Pramme

Klassik

Eine Liebeserklärung an die Mandoline

Der israelische Musiker Avi Avital verleiht Komponisten wie Bach oder Vivaldi einen unverwechselbaren neuen Touch

von Christine Schmitt  18.04.2024 10:04 Uhr

Avi Avital hat sich einen Traum erfüllt – und vielen Laienmusikern und Fans gleich mit. Denn zwei der fünf Konzertstücke, die der Mandolinenspieler für sein jüngstes Album eingespielt hat, sind Hits, und fast jeder, der Violine oder Oboe spielt, hat sie schon selbst interpretiert. Und Avital erfüllte sich auch noch einen Wunsch, indem er mit dem renommierten Ensemble für historische Aufführungspraxis »Il Giar­dino Armonico« und dessen Dirigenten und Gründer Giovanni Antonini zusammenarbeitete.

Das Album trägt den schlichten Titel Concertos. Altbekannte Stücke erscheinen dabei in einem neuen Licht – zugleich vermag Avital mit seinem Können zu faszinieren und die Originalwerke um die Klangfarben sowie Ausdrucksmöglichkei­ten seines Instruments zu bereichern. Da ist zum einen das Konzert für vier Violinen von Antonio Vivaldi (RV 580 in h-Moll), zum anderen das Doppelkonzert für Oboe und Violine von Bach (BWV 1060R).

Der Israeli spielt alle vier Soloinstrumente selbst

Nun erklingen beide Werke in einer völlig neuen Fassung, da der Israeli das Vivaldi-Konzert für sein Instrument und das Bach-Konzert BWV 1060R für Mandoline und Blockflöte arrangiert hat. Ersteres interpretiert Avital schwungvoll und gut gelaunt. Das Besondere: Er hat alle vier Soloinstrumente selbst gespielt. Die Technik macht es möglich, dass immer er zu hören ist. Jede Stimme sollte einen eigenen Charakter erhalten. Deshalb griff der Musiker zu verschiedenen Mandolinen.

Allerdings sind die Unterschiede der Solostimmen dann doch nicht so gravierend – Geigen verfügen eindeutig über mehr Potenzial. Das Prinzip, alle Solostimmen selbst einzuspielen und für eine Aufnahme zusammenzuschneiden, ist nicht neu.

1946 interpretierte Star-Geiger Jascha Heifetz Bachs Doppelkonzert für zwei Violinen d-Moll BWV 1043 allein. Apropos Bach: In seiner Aufnahme hat Avital dem Konzert BWV 1060R, das ursprünglich für zwei Klaviere geschrieben wurde, aber berühmt geworden ist als Version für Violine und Oboe, durch sein Arrangement für Mandoline sowie Sopran- und Altblockflöte eine leichtere und hellere Klangfarbe verliehen. Den Flötenpart meistert Giovanni Antonini.

Vervollständigt wird das Album mit drei eher unbekannten Konzerten für Mandoline von Emanuele Barbella, Giovanni Paisiello und Johann Nepomuk Hummel. Letzterer ist dank seines Trompetenkonzertes berühmt geworden.

Barbella gehört zu den eher unbekannten Barockkomponisten (1718–1777) und war ein italienischer Geiger und Komponist der neapolitanischen Schule. Sein Konzert hat er tatsächlich für die Mandoline geschrieben. Ein Glück, dass Avi Avital es gefunden hat, denn es bereitet viel Freude, ihm zuzuhören. Ebenso den Werken von Giovanni Paisiello (1740–1816) und des österreichischen Komponisten Johann Nepomuk Hummel (1778–1837). Die neapolitanische Kultur ist voller Farben, Gefühl und Theatralik.

Seine dynamischen Abstufungen sind präzise ausgearbeitet

Das sind Qualitäten, die sich auch in Avitals Darbietung spiegeln. Seine dynamischen Abstufungen sind präzise ausgearbeitet. Ob in den schnellen oder langsamen Sätzen: Orchester und Solist finden zu einem gemeinsamen Ein- und Ausatmen, zu kantablen Linien und glitzernden Akzenten.

Das Album ist eine klangvolle Liebeserklärung an die Mandoline des derzeit bekanntesten Interpreten, der aus der heimlichen Hauptstadt des Zupfinstruments – aus Beer Sheva in Israel – stammt. Genießen Sie also das Zuhören!

Avi Avital: »Concertos«. Deutsche Grammophon, Berlin 2023, 19,99 €

Aufgegabelt

Mazze-Sandwich-Eis

Rezepte und Leckeres

 18.04.2025

Pro & Contra

Ist ein Handyverbot der richtige Weg?

Tel Aviv verbannt Smartphones aus den Grundschulen. Eine gute Entscheidung? Zwei Meinungen zur Debatte

von Sabine Brandes, Sima Purits  18.04.2025

Literatur

Schon 100 Jahre aktuell: Tucholskys »Zentrale«

Dass jemand einen Text schreibt, der 100 Jahre später noch genauso relevant ist wie zu seiner Entstehungszeit, kommt nicht allzu oft vor

von Christoph Driessen  18.04.2025

Kulturkolumne

Als Maulwurf gegen die Rechthaberitis

Von meinen Pessach-Oster-Vorsätzen

von Maria Ossowski  18.04.2025

Meinung

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Ausstellung

Das pralle prosaische Leben

Wie Moishe Shagal aus Ljosna bei Witebsk zur Weltmarke Marc Chagall wurde. In Düsseldorf ist das grandiose Frühwerk des Jahrhundertkünstlers zu sehen

von Eugen El  17.04.2025

Sachsenhausen

Gedenken an NS-Zeit: Nachfahren als »Brücke zur Vergangenheit«

Zum Gedenken an die Befreiung des Lagers Sachsenhausen werden noch sechs Überlebende erwartet. Was das für die Erinnerungsarbeit der Zukunft bedeutet

 17.04.2025

Bericht zur Pressefreiheit

Jüdischer Journalisten-Verband kritisiert Reporter ohne Grenzen

Die Reporter ohne Grenzen hatten einen verengten Meinungskorridor bei der Nahost-Berichterstattung in Deutschland beklagt. Daran gibt es nun scharfe Kritik

 17.04.2025

Interview

»Die ganze Bandbreite«

Programmdirektorin Lea Wohl von Haselberg über das Jüdische Filmfestival Berlin Brandenburg und israelisches Kino nach dem 7. Oktober

von Nicole Dreyfus  16.04.2025