Musik

Eine Liebe zu Chopin

Seit sie 2010 mit dem renommierten Echo-Klassikpreis ausgezeichnet wurde, zählt die Pianistin Olga Scheps zur führenden Riege der hiesigen Klassikinterpreten. Gleich, ob sie Chopin, Schubert oder Tschaikowsky spielt – die Verkaufszahlen ihrer CDs sind hoch, und die Konzerte auch in großen Häusern sind schnell ausverkauft. Die Pianistin ist bei Sony Classical, einem der großen Klassiklabels, unter Vertrag.

Auch die Marketing-Maschinerie läuft auf Hochtouren: Für Audi und den Schweizer Luxusuhrenhersteller Chopard tritt sie als Markenbotschafterin auf. Auf den Covers ihrer Alben präsentiert die 28-Jährige sich als modisch gekleidetes Tasten-Model.

familie Doch wirklich wichtig ist der gebürtigen Moskauerin nur eines: Klavier zu spielen. An der Tastatur fühlt sie sich sicher, dort ist ihre Heimat. Abseits des Pianos wirkt sie, trotz modischem Schnickschnack von Minirock bis Smartphone, ein wenig verloren auf der viel zu großen Ledercouch, das Sitzkissen schützend in den Schoß geknautscht, als sei es ein Schmusetier. Glamourös wirkt das nicht. Diva geht anders.

Mit dem Klavier ist Olga Scheps groß geworden. Ihre Mutter Tamara ist Konzertpianistin und Klavierlehrerin. Vater Ilja arbeitet ebenfalls als Konzertpianist. Bevor er 1992 nach Deutschland übersiedelte, spielte er als Solist der Moskauer Philharmonie. Heute ist Ilja Scheps Professor an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln, wo die Familie inzwischen wohnt. »Es wurde zu Hause immer sehr viel Musik gemacht und auch gehört. Meine Eltern hatten eine riesige Plattensammlung.«

Was also hätte aus Olga Scheps anderes werden können als eine Pianistin? Doch der Weg dorthin war kein Spaziergang. Wenn sie es am Klavier zu etwas bringen wolle, hatten ihre Eltern Olga klargemacht, dann müsse sie vor allem eines tun: üben. Und das tat die kleine Pianistin die nächsten Jahre täglich und mit Vergnügen, erst in Moskau, nach der Auswanderung dann in Wuppertal, wo die Familie zunächst wohnte. Noch heute schwärmt die junge Frau von der Schwebebahn.

lehrer Mit 14 Jahren gab Olga Scheps ihr Debüt in der Düsseldorfer Tonhalle mit dem 1. Klavierkonzert von Prokofjew. Mit 16 ging sie zum Studieren an die Musikhochschule Köln. Wichtige Impulse bekam sie durch Alfred Brendel. »Bei Brendel habe ich seit meinem 15. Lebensjahr Privatstunden. Insbesondere, was die Interpretation von Schubert angeht, habe ich sehr viel von ihm lernen können.«

Ein weiterer Lehrmeister war und ist Pavel Gililov. Erst vor ein paar Monaten hat Olga Scheps ihr Studium bei dem russischen Meister abgeschlossen, rechtzeitig bevor er nach Salzburg gezogen ist. »Gililov ist nach wie vor eine wichtige Bezugsperson, und ich plane auch, bald wieder nach Salzburg zu fliegen, um mit ihm zu arbeiten. Dieses Lernen ist eigentlich mehr eine Art Coaching. Das hört nie wirklich auf.«

Olga Scheps’ Lieblingskomponist ist Chopin: »Ich liebe seine klare Sprache, die Schönheit seiner kompositorischen Handschrift und dass seine simplen Melodien so unglaublich viel Tiefe und Ausdruckskraft in sich tragen.« Auf ihrem neuen Album, das diese Woche erscheint, spielt sie die Klavierkonzerte Nr. 1 und Nr. 2 des polnischen Komponisten ein, nach drei vorhergegangenen Solo-CDs diesmal begleitet vom Stuttgarter Kammerorchester unter Matthias Foremny. Chopin steht auch auf dem Programm einer Konzertreihe, die sie in diesem Monat nach Köln, Braunschweig, Düsseldorf, Hamburg und Berlin führt. Olga Scheps spielt Chopins Klavierkonzert Nr. 1, begleitet vom Amadeus Kammerorchester des polnischen Rundfunks unter Agenieszka Duczmal.

moral Olga Scheps und ihre Familie gehören zur Gruppe der jüdischen »Kontingentflüchtlinge« aus der ehemaligen Sowjetunion, die heute das Gros der deutschen Judenheit ausmacht. In der UdSSR galt das Judentum als Nationalität. Religiöses und kulturelles jüdisches Leben war im öffentlichen Raum tabu, konnte, wenn überhaupt, nur im kleinen privaten Kreis praktiziert werden.

Doch für Scheps ist das Jüdische nicht nur eine Frage der Abstammung. »Mein Judentum stellt für mich die Grundlage meines Wertesystems dar. Meiner Meinung nach wurde die Moral nicht erfunden, damit Menschen sich gegenseitig damit auf die Nerven gehen. Behandle deinen Nächsten, wie du behandelt werden willst – das ist die Maxime, nach der ich lebe und die ich auch meinen Kindern vermitteln werde – irgendwann.« Irgendwann: Erst einmal steht für Olga Scheps die künstlerische Karriere an. Und für die heißt es weiter: üben, üben, üben.

Olga Scheps: The Chopin Piano Concerts. Rca Red Seal (Sony Music) 2014

Konzertdaten unter www.olgascheps.de

Berlinale-Preisverleihung

Ohne Israelhass geht es nicht

Der gute Wille war da bei der neuen Festivalleitung, doch auch bei der Verleihung der Bären am Samstagabend kam es zu anti-israelischen Aussetzern

von Sophie Albers Ben Chamo  22.02.2025

Berlin

Berlinale gedenkt Opfers des Angriffs am Holocaust-Mahnmal

Am Vorabend wurde ein spanischer Tourist von einem syrischen Flüchtling, der Juden töten wollte, mit einem Messer angegriffen

 22.02.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

von Maria Ossowski  20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

von Katrin Richter  20.02.2025