Redezeit

»Ein Puzzle mit Brüchen«

Herr Heise, 2008 haben Sie mit »24h Berlin« einen Tag lang die Stadt porträtiert, in der Sie leben. Warum jetzt Jerusalem?
Eigentlich wollte ich so etwas wie »24h Berlin« nicht noch einmal machen. Aber Jerusalem übte einen eigenartigen Reiz auf mich aus, als die Idee an mich herangetragen wurde. Man meint, die Stadt zu kennen, sie ist ein Teil unserer Kultur, und doch versteht man sie nicht wirklich. Es gibt permanent Streit, es ist viel im Wandel, wirklich alles hat ständig mit Geschichte, Religion und Politik zu tun.

Darunter hatte auch Ihr Projekt zu leiden: Der Dreh musste um ein Jahr verschoben werden.
Wir haben tatsächlich zwei Anläufe genommen. Die ursprüngliche Idee vor drei Jahren war, dass ein israelischer und ein palästinensischer Partner das zusammen machen und die Dokumentation auch in Israel und Palästina ausgestrahlt wird. Am Ende ist uns das alles um die Ohren geflogen, weil es von palästinensischer Seite boykottiert wurde.

Was haben Sie daraufhin gemacht?
Wir haben 20 europäische, 20 israelische und 20 palästinensische Teams zusammengestellt. Die Teams haben das ganze Projekt über unabhängig voneinander gearbeitet. Die Entscheidung, Israelis und Palästinenser in getrennten Teams drehen zu lassen, war mehr als nur ein Kompromiss, sie ist die einzige Möglichkeit zu zeigen, dass die Wirklichkeit in Jerusalem ein zäher und umkämpfter Gegenstand ist. Eine Einheit der Stadt war nur in unserem Schneideraum möglich.

Glauben Sie, dass Sie der besonderen Situation der Stadt gerecht geworden sind?
Soziologen definieren Stadt gerne als eine maximale Vielfalt auf minimalem Raum. Daraus entstehen überall fast zwangsläufig Konflikte. Auf Jerusalem trifft das sicher noch einmal in besonderem Maß zu: Was heißt es für diese Stadt, wenn sie von drei Weltreligionen und von zwei Gesellschaften beansprucht wird? Wir wollten darauf keine Antwort geben, sondern zeigen, was es für das Leben in Jerusalem bedeutet. Wir haben versucht, die vielen Ereignisse und Geschichten eines Tages wie bei einem großen Puzzle zusammenzustecken. Manche Einzelteile passen nicht, und das ist richtig, weil genau in diesen Brüchen viel von der Stadt sichtbar wird.

Mit dem Regisseur sprach Tobias Asmuth.

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

von Maria Ossowski  20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

von Katrin Richter  20.02.2025

Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

von Ayala Goldmann, Katrin Richter  19.02.2025

Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

von Imanuel Marcus  19.02.2025