Herr Brenner, Mitte September hat an der Ludwig-Maximilians-Universität München der erste Kongress der European Association of Israel Studies (EAIS) stattgefunden. Was ist das für eine Vereinigung?
Die EAIS wurde im vergangenen Jahr in London gegründet. Das ist eine Vereinigung all jener inzwischen gar nicht mehr so wenigen Wissenschaftler, die sich in Europa mit dem Thema Israelstudien in allen möglichen Disziplinen beschäftigen – Politologen, Literaturwissenschaftler, Historiker, Soziologen, Kunsthistoriker und andere, die in ihren Fachgebieten das Thema Israel behandeln. Die Konferenzen sollen jedes Jahr stattfinden, jedes Mal an einem anderen Ort in Europa.
Wie kam es dazu, dass die erste Konferenz in München abgehalten wurde?
Wir haben uns darum beworben und haben nachweisen können, dass wir seit Jahren am Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur auch zum Thema Israel Lehrveranstaltungen anbieten – auch wenn das Kind nicht den Namen Israelstudien trägt. Wir veranstalten Exkursionen nach Israel, haben Austauschstudenten und Gastprofessoren. Ich fände es wichtig, wenn man in Deutschland eine Professur für Israelstudien hätte. München wäre ein gutes Pflaster dafür. Ein Anstoß durch eine private Initiative könnte hier viel bewirken.
Wie viele Teilnehmer hatte die Konferenz?
Wir hatten mehr als 100 Referenten aus etwa 20 Ländern, auch aus Israel und den USA, aber vor allem aus europäischen Ländern, von Sibirien bis Sizilien. Zusätzlich waren ungefähr 100 Zuhörer da. Vor allem war es ja eine Fachtagung, aber sie war für ein interessiertes Publikum geöffnet.
Waren bekannte Namen darunter?
Der in Deutschland bekannteste war sicherlich Michael Wolffsohn. Zudem gab es ein Eröffnungspodium in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften mit Avi Primor, Rita Süssmuth und Munther S. Dajani, einem palästinensischen Wissenschaftler von der Al-Quds-Universität.
Da ging es doch sicher kontrovers zu?
Im Eröffnungspanel nicht so sehr, in den einzelnen Vorträgen schon manchmal. Aber es war in erster Linie eine wissenschaftliche Veranstaltung, keine Diskussion über heutige israelische Politik. Es war nicht der Sinn, dass da die Fetzen fliegen.
Was waren die Schwerpunktthemen?
Übergreifendes Thema war »Israel und Europa«. Es gab Vorträge zu den Themen Israel und die EU, politische und wirtschaftliche Beziehungen, zu deutsch-jüdischen Einflüssen auf die israelische Literatur, zu den israelisch-türkischen und israelisch-griechischen Beziehungen, aber auch historische Panels etwa zu Palästina in der britischen Mandatszeit. Es war deswegen so breit gefächert, weil wir versucht haben, so viele Referenten wie möglich aus ganz Europa hierherzubekommen.
War die Konferenz ein Erfolg?
Ein sehr großer. Wir rechneten ursprünglich mit circa 50 Referenten, und plötzlich hatten wir 130 Anmeldungen. Das zeigt, dass hier ein neues Wissenschaftsgebiet entsteht, das in Deutschland noch seiner Verankerung harrt.
Mit dem Lehrstuhlinhaber für Jüdische Geschichte und Kultur an der LMU München sprach Ingo Way.