Die unter dem Kürzel »BDS« – für »Boycott, Divest, Sanction« – bekannte und vor allem in Großbritannien, Kanada und den USA extrem aktive Israel-Boykottbewegung »ist eine Sekte«, der es »nicht um die Rechte der Palästinenser geht, sondern um die Zerstörung Israels«. Ihre »Marschbefehle« bekommt sie »von Gurus in Ramallah«. Bei denen handelt es sich um »Ein- Mann-Operationen«, die behaupten, die palästinensische Zivilgesellschaft zu vertreten, in Wirklichkeit aber »absolut nichts repräsentieren«.
»albern« Das sagt nicht Benjamin Netanjahu oder Henryk Broder. Die Zitate stammen aus einem Interview mit keinem Geringeren als Norman Finkelstein. Der amerikanische Politologe, in Deutschland bekannt geworden durch seine Polemik Die Holocaust–Industrie (2001), ist einer der prominentesten jüdischen Kronzeugen des organisierten Antizionismus. Wegen seiner Kontakte zur libanesischen Hisbollah verhängte Israel gegen ihn 2008 ein zehnjähriges Einreiseverbot. Der Mann hat in der Szene also das, was im Rapperjargon »street cred« genannt wird, Glaubwürdigkeit.
Umso größer jetzt die Verwirrung und Empörung unter den Israelkritikern. Denn Finkelstein kritisiert nicht nur ihr Auftreten (»albern, kindisch, linkes Getue«). Er schlachtet auch einige ihrer heiligsten Kühe.
Etwa das geforderte Rückkehrrecht für palästinensische Flüchtlinge: »Wird die Öffentlichkeit es vernünftig finden, wenn sechs Millionen Palästinenser in ein Land strömen, das jetzt 1,8 Millionen Palästinenser und 5,5 Millionen Juden hat? Ich glaube nicht, dass man das vermitteln kann.« Und er stellt die rhetorische Frage: »Wollt ihr den Konflikt lösen oder Schrecken im Herzen jedes Israelis säen?«
bankrott Ist Norman Finkelstein, wie ein anti-israelischer Blogger meinte, zum »zionistischen Rabauken« geworden? Eher nicht. Seine Bemerkungen, die auf YouTube kursierten, bevor sie dort runtergenommen wurden (das Video findet man jetzt unter http://vimeo.com/36854424) sind aber ein Indiz dafür, wie intellektuell und moralisch bankrott die Israel-Boykottbewegung ist, dass sie selbst einem ihrer prononciertesten Anhänger mittlerweile peinlich ist.
Allzu viel Hoffnung, dass die Kritik aus den eigenen Reihen zum Nachdenken bei den organisierten Antizionisten führt, auch denen in Deutschland, sollte man sich dennoch nicht machen. Wie Finkelstein selbst sagt, ist die Boykottbewegung eine Sekte. Anhänger von Sekten aber, ob sie nun Scientology heißen, Jews for Jesus oder BDS, haben sich in ihrem Glauben durch bloße Tatsachen noch nie beirren lassen.