Seinen 102. Geburtstag hatte Kirk Douglas mit Familie und Kollegen noch groß gefeiert. »Alle meine Jungs und viele meiner Enkel werden dabei sein«, teilte die Hollywood-Legende damals in einem Interview mit. »Und gute Freunde wie Jeffrey Katzenberg, Steven Spielberg und Ron Meyer.« Sein 103. Geburtstag an diesem Montag dürfte ruhiger ausfallen. Sein Vater habe die großen Partys satt, erzählte Schauspieler-Sohn Michael Douglas (75) Mitte November in der TV-Show von Jimmy Kimmel.
Er wünsche sich diesmal wirklich nur ein kleines Dinner mit der Familie, habe Kirk klar gemacht. Auch ein weiteres Interview wollte er in diesem Jahr nicht geben, wie seine Assistentin auf Anfrage mitteilte.
Kirk Douglas hat in Sachen Ehe einiges vorzuweisen.
Aber seinen Humor hat der Leinwand-Veteran nicht verloren. Zum 19. Hochzeitstag von Sohn Michael und Schwiegertochter Catherine Zeta-Jones am 18. November schickte er dem Paar einen Glückwunsch mit dem Ratschlag für seinen Sohn, dass eine lange Ehe nur möglich sei, wenn er seiner Frau gehorche. »Üb weiter, so wie ich es mit meiner Frau tue«, empfahl der »Spartacus«-Star. Schauspielerin Zeta-Jones (50, »Ocean’s Twelve«) postete den Brief auf Instagram und dankte ihrem Schwiegervater für die »wunderschönen« Worte.
LIEBE Kirk Douglas hat in Sachen Ehe einiges vorzuweisen. Mit seiner zweiten Frau Anne Buydens, die im April 100 wurde, ist er seit 1954 verheiratet, also mehr als 65 Jahre. Vor zwei Jahren gaben sie ein Buch heraus, basierend auf Liebesbriefen, die sie einander über Jahrzehnte hinweg geschrieben hatten.
Öffentliche Auftritte sind selten geworden, doch bei besonderen Anlässen ist der Star mit dem markanten Grübchen im Kinn noch dabei. Im November vorigen Jahres saß er mit hellrosa Hemd und Sonnenbrille im Rollstuhl auf dem Hollywood Boulevard, als Sohn Michael dort mit einem Stern auf dem »Walk of Fame« verewigt wurde, nahe an der Stelle, wo Kirk seit langem eine Plakette hat. Im Januar 2018 kam er bei der Golden-Globe-Gala im Rollstuhl auf die Bühne, um den Preis für das beste Drehbuch anzukündigen.
Seine Eltern waren aus dem zaristischen Russland vor den antisemitischen Pogromen geflohen.
Von einem schweren Schlaganfall im Jahr 1996 hat er sich langsam wieder erholt. In seinem achten Buch - »Ein Fall von Glück - Mein neues Leben nach dem Schlaganfall« beschrieb er die schwierige Genesung. Die Frage, wie er sich mit 102 fühle und ob ihm das Alter zu schaffen mache, hakte er im vorigen Jahr mit wenigen Worten ab. »Ich dachte nie, dass ich über 100 werde, aber ich verkrafte es schon.«
Seine Karriere musste sich Douglas anfangs hart erkämpfen. Als Issur Danielovitch Demsky wurde der Sohn jüdisch-russischer Einwanderer geboren, er wuchs mit sechs Schwestern im Armenviertel der Industriestadt Amsterdam im US-Bundesstaat New York auf.
JIDDISCH Seine Eltern waren aus dem zaristischen Russland vor den antisemitischen Pogromen geflohen und sprachen selbst in New York nur Jiddisch; der Vater, ein mürrischer Mann, schlug sich als Lumpensammler durch und hatte so viel damit zu tun, seine sieben Kinder nicht verhungern zu lassen, dass er nie dazu kam, seinem einzigen Sohn Liebe zu zeigen – etwas, das immer noch in Douglas nagt.
Als Kind machte er Bekanntschaft mit Antisemitismus: »Eines Tages kam ich mit einer blutigen Nase nach Hause. Meine Mutter wollte wissen, was geschehen sei. Ich sagte, dass andere Kinder mich verprügelt hatten. ›Sie sagten, dass ich Jesus Christus umgebracht habe. Und ich weiß doch nicht einmal, wer das ist.‹«
Er ist ein so aufgeweckter Junge, dass die jüdische Gemeinde beschließt, für ihn zusammenzulegen, um ihm eine Ausbildung zum Rabbiner zu finanzieren. Doch er hat schon mit zwölf andere Pläne. Seit einer Schultheateraufführung will er Schauspieler werden. Er schafft es an ein College, verdient sich die Studiengebühren, indem er als Hausmeister, Gärtner und Preisringer auf Rummelplätzen schuftet, bis er ein Stipendium für die renommierte New Yorker American Academy of Dramatic Arts erhält.
Zu seiner Jüdischkeit hat Kirk Douglas erst spät gefunden.
Nach dem Krieg hatte er Glück. Seine frühere Klassenkameradin Lauren Bacall empfahl ihn bei den Studiobossen in Hollywood. An der Seite von Barbara Stanwyck debütierte er als Alkoholiker-Ehemann 1946 in dem Film »Die seltsame Liebe der Martha Ivers«, es folgten Rollen in »Glasmenagerie« und »Reporter des Satans«.
Douglas drehte mehr als 80 Filme, oft mit großen Regisseuren wie Billy Wilder, Howard Hawks, Otto Preminger und Elia Kazan. Allein mit seinem Leinwandfreund Burt Lancaster stand er sieben Mal vor der Kamera - angefangen beim Gangsterdrama »14 Jahre Sing Sing« bis hin zu der Gaunerkomödie »Archie & Harry - Sie können’s nicht lassen«.
OSCAR Drei Mal hatte er Oscar-Chancen: in der Rolle des rücksichtslos-ehrgeizigen Boxers in »Zwischen Frauen und Seilen«, als machtgieriger Produzent in »Stadt der Illusionen« und für sein Künstlerporträt »Vincent van Gogh - Ein Leben in Leidenschaft«. Die Filmakademie verlieh ihm schließlich 1996 einen Ehren-Oscar für sein Lebenswerk.
Doch seine berühmteste Rolle war die des legendären Sklavenanführers »Spartacus« in dem teuren Historienepos unter der Regie von Stanley Kubrick. Douglas, der den Film mit seiner eigenen Firma produzierte, bewies damals Mut. Er verpflichtete Dalton Trumbo als Drehbuchschreiber, obwohl dieser auf der schwarzen Liste der geächteten kommunistischen Künstler stand und damit Berufsverbot hatte. Der Film holte 1961 vier Oscars und war ein Kassenschlager.
JUDENTUM Zu seiner Jüdischkeit hat Kirk Douglas erst spät gefunden. Mit 14 Jahren sah er in einem Schulbuch ein Bild, dessen Schrecken er bis heute heraufbeschwören kann: »Abraham mit einem langen Bart, einen Arm ausgestreckt, in der Hand ein großes Messer, im anderen Arm einen erschrockenen kleinen Jungen. Und dieser Junge sah mir entsetzlich ähnlich.« Danach nahm er lange Zeit Abstand von der Religion und der jüdischen Kultur.
Nach seinem Helikopterunfall im Jahr 1991, begann Douglas, sich intensiv mit der Tora auseinanderzusetzen.
Erst als ihn sein Sohn Michael eines Tages fragte, woher sein Großvater gekommen sei, begann er, sich mit seinen Vorfahren zu beschäftigen. Und dann ging ihm bei einem Blick auf die Chagall-Lithografien mit biblischen Motiven, die in seinem Schlafzimmer hingen, etwas auf: »Das hier waren meine Vorfahren! Und was für welche – Moses, Abraham, Jakob und so viele andere! Ich begann, über sie zu lesen, und je mehr ich über sie las, desto glücklicher wurde ich. Sie kamen alle aus dysfunktionalen Familien. Sie hatten alle Probleme. Kain tötet Abel. Josef wird von seinen Brüdern in die Sklaverei verkauft. König David sieht die wunderschöne nackte Bathseba, wie sie sich wäscht. Sie ist eine verheiratete Frau. Und im nächsten Moment trägt sie sein Kind aus, und ihr Mann ist tot. Ein Sünder nach dem anderen, und dennoch haben sie alle Hindernisse überwunden und Großes geschaffen! Was für eine Inspiration für einen Sünder wie mich! Dann fand ich heraus, dass Chagall, ein russischer Jude, aus derselben Gegend kam wie meine Eltern. Tatsache ist, dass mein Vater und Chagall ungefähr zur selben Zeit ausgewandert sind. Chagall wurde ein berühmter Maler in Paris, mein Vater ein Lumpensammler in Amsterdam, New York. Juden haben die unterschiedlichsten Talente.«
TORA Nach seinem Helikopterunfall im Jahr 1991, bei dem zwei sehr viel jüngere Männer ums Leben kamen, begann Douglas, sich intensiv mit der Tora auseinanderzusetzen. Seine zweite Frau Anne, mit der er seit Jahrzehnten verheiratet ist, konvertierte ihm zuliebe zum Judentum (»Er sollte nicht bloß mit Schicksen verheiratet sein«). Und er nimmt seine Pflicht, ein guter Mensch zu sein, sehr ernst: Die Stiftung der Eheleute hat mittlerweile viele Millionen für wohltätige Zwecke gespendet und zum Beispiel über 400 Kinderspielplätze in Los Angeles errichten lassen. Zedaka ist für Douglas eine Verpflichtung: Vergangenes Jahr hat er große Teile seines Vermögens für wohltätige Zwecke verschenkt. Über 80 Millionen Dollar.
Noch im hohen Alter ist Douglas einer erklärter Liberaler. Kurz vor den US-Präsidentschaftswahlen im Herbst 2016 hatte er in einem Blog bei der »Huffington Post« vor den Folgen eines Wahlsieges von Donald Trump gewarnt und auf die Gefahren von Hassreden und Fremdenfeindlichkeit hingewiesen. »Das ist immer noch eine Sorge«, sagte Douglas vor einem Jahr in einem Interview.
»Die Welt ist ein Chaos, und wir müssen das Durcheinander für unsere Kinder und Enkel wieder in Ordnung bringen. Täglich gibt es Schießereien, von Schulen bis zu Synagogen. Obdachlose werden schikaniert und getötet. Die Welt ist so gespalten, das muss sich ändern.« ja/dpa