Bucherscheinung

Ein Foodguide für die jüdische Küche

Ein Klassiker der jüdischen Küche: Gefilte Fisch Foto: picture alliance / imageBROKER

Bucherscheinung

Ein Foodguide für die jüdische Küche

Dieses Buch macht Appetit. Auf Falafel, Hummus und Co., aber auch auf Unbekanntes

von Leticia Witte  21.10.2022 14:18 Uhr

Haben Sie Lust auf cremigen Hummus oder heiße Latkes? Gehen Sie auf Reisen und fragen sich, wo Sie am Zielort koscher essen können? Ein neues Buch könnte dabei helfen. Der »Foodguide jüdische Küche« listet Restaurants, Bistros, Bäckereien und Geschäfte in Deutschland und anderen europäischen Ländern auf, die jüdische Küche beziehungsweise koschere Produkte anbieten.

Wer mit Speisegesetzen, Festen, Traditionen und religiösen Strömungen im Judentum noch nicht vertraut ist, dem bietet das Buch Grundlegendes aus Historie und Gegenwart. Die Neuerscheinung streift Esskultur auch in Literatur, Film und Internet sowie im Sprichwort. Eingestreut sind Rezepte, Homestories, Anekdoten und Interviews.

Gibt es also überhaupt so etwas wie »jüdisches Essen«?

Immer wieder wird ein Zusammenhang von traditionellen Speisen mit der jeweiligen Umgebung beziehungsweise Region, ihren Esskulturen und Lebensmitteln hervorgehoben. Gibt es also überhaupt so etwas wie »jüdisches Essen«, wird Rabbiner David Maxa aus Prag gefragt. Seine Antwort: »Ja, das ist relativ eindeutig.«

Impuls Autorinnen und Autoren sind Gunther Hirschfelder, Jana Stöxen, Markus Schreckhaas und Antonia Reck, zwei Kulturwissenschaftlerinnen und zwei Kulturanthropologen. Das im Sommer beendete Festjahr »1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« gab den Impuls für das mit einem Vorwort des Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, versehene Buch, so das Quartett. Es versteht den Band als »Lese- und Reisebuch«, denn die jüdische Kultur in Europa sei nie eine nationale gewesen.

Im »Foodguide« spiegele sich »die facettenreiche Gegenwart jüdischer Kultur(en) Europas« - es gehe nicht ausschließlich darum zu zeigen, wo es angenehm und schmackhaft sei. Gleichwohl nimmt dies den meisten Raum ein und macht Appetit. Vorgestellt werden Lokale und Läden von Berlin bis Odessa - ja, auch die Ukraine wird nicht ausgespart.

Dazu gibt es den Hinweis, dass der Krieg für die jüdische Kultur in dem Land eine Bedrohung sei. Das Buch wolle daher an jüdisches Leben erinnern. Anders als bei Restaurants im übrigen Europa gibt es für vorgestellte Orte in der Ukraine keine Fotos - stattdessen ist die Rubrik mit der Abbildung einer verknoteten Pistole als Friedenssymbol und einer Hoffnung auf bessere Zeiten versehen.

Hummus Anderswo machen Fotos neugierig: gedeckte Tafeln, einzelne Speisen, Designs von Restaurants, Stadtansichten, hippe Menschen, Synagogen. Beim Streifzug durch das jüdische Jahr werden Feiertage erklärt. Bei der Gelegenheit blickt man in der Art kleiner Homestories in Töpfe. Wer möchte, kann Rezepte für Honigkuchen und Hummus nachmachen.

Dass Essen auch häufig etwas mit Erinnerungen und Gefühlen zu tun hat, wird verschiedentlich deutlich. Etwa wenn die Gemeinschaft am Tisch beschworen wird: das wohlige Gefühl, beisammen zu sein und zueinander zu gehören. Oder wenn Nachfahren von Holocaust-Opfern sich die Rezepte ihrer Verwandten vergegenwärtigen - und damit auch ihre Toten und ihre Heimat. Und in Corona-Zeiten wird ein Hochzeitsmenü von 1908 mit Teilnehmern per weltweiter Videoschalte nachgekocht.

Das Buch spürt der aschkenasischen, sephardischen und mizrachischen Küche nach.

Immer wieder geht es auch um Migration und Diaspora, angefangen mit der Zerstörung des zweiten Tempels in Jerusalem bis in die Gegenwart hinein: »Wer sich mit jüdischer Esskultur beschäftigt, sollte sich kaum auf den Raum innerhalb heutiger Grenzen beschränken.«

Das Buch spürt der aschkenasischen, sephardischen und mizrachischen Küche nach. Es stellt Unterschiede zwischen koscher und koscher-style vor. Es bleibt nicht unerwähnt, dass ein Teil der vorgestellten Restaurants nicht koscher kocht, dafür zum Beispiel aber nach »Tel-Aviv-Style«. Ein Kapitel ist der Coca Cola gewidmet, die immer koscher sei - aber nicht schon immer.

Küchen Das Team gibt zu bedenken, dass sich all dies in Europa in einem »überschaubaren Rahmen« bewegt: Man gehe eben nicht »zum Israeli« wie »zum Italiener«. Hier wird es vielleicht etwas schief, denn das Buch legt Wert darauf, dass es eben viele jüdische Küchen gibt und nicht nur die in Israel - die selbst wiederum ausdifferenziert ist.

Das Buch stellt gleichwohl zukunftsgewandt fest: »Die Selbstverständlichkeit einer spezifisch jüdischen Küche gibt es in Europa außerhalb des kleinen Kreises der jüdischen Gemeinden kaum mehr - oder vielleicht noch nicht wieder.«

»Foodguide Jüdische Küche«, Hentrich & Hentrich, 384 Seiten, 29,90 Euro

Musik

Yuval Raphael steht im Finale des ESC

Die 24-jährige israelische Sängerin wurde vom Publikum in Basel für ihren Beitrag »New Day Will Rise« gefeiert

 15.05.2025

Antisemitismus

Kanye Wests Hitler-Song »WW3« ist Hit auf Spotify

Der Text ist voller Hitler-Verehrung, gleichzeitig behauptet der Musiker, er könne kein Antisemit sein, weil er schwarz sei

 15.05.2025

Berlin

»So monströs die Verbrechen der Nazis, so gigantisch dein Wille, zu leben«

Leeor Engländer verabschiedet sich in einer berührenden Trauerrede von Margot Friedländer. Wir dokumentieren sie im Wortlaut

von Leeor Engländer  15.05.2025

Kommentar

Journalistisch falsch, menschlich widerlich

»News WG«, ein Format des Bayerischen Rundfunks, hat eine Umfrage darüber gestartet, ob man Yuval Raphael, eine Überlebende der Massaker des 7. Oktobers, vom ESC ausschließen soll

von Johannes Boie  15.05.2025

Mirna Funk

»In Tel Aviv bin ich glücklich«

Seit einem Jahr lebt die Berliner Autorin in Israel. Nun hat sie einen Reiseführer geschrieben. Mit uns spricht sie über Lieblingsorte, Israel in den 90er-Jahren und Klischees

von Alicia Rust  15.05.2025

Yael Adler

»Mir geht es um Balance, nicht um Perfektion«

Die Medizinerin über die Bedeutung von Ballaststoffen, darmfreundliche Ernährung als Stimmungsaufheller – und die Frage, warum man trotzdem auch mal eine Bratwurst essen darf

von Ayala Goldmann  15.05.2025

Basel

Israel und Österreich im zweiten ESC-Halbfinale

Beim ESC werden die letzten zehn Finalplätze vergeben. 16 Länder treten an, darunter Yuval Raphael für Israel. Auch JJ aus Österreich und das Duo für Deutschland, Abor & Tynna, stehen auf der Bühne

 15.05.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Tassen, Leggings, Mähnen: Auf der Suche nach dem Einhorn

von Nicole Dreyfus  14.05.2025

Zahl der Woche

30 Jahre

Fun Facts und Wissenswertes

 14.05.2025