»Jüdische Ossis«

Blick zurück nach vorn

Die Autorin und Musikerin Manja Präkels ist beteiligt. Foto: picture alliance / Ulrich Baumgarten

»Jüdische Ossis« ist ein Festivaltitel, der hängen bleibt. Die zweite Ausgabe des Events findet Mitte März in Potsdam statt. Mit der Ausstellung Ein anderes Land. Jüdisch in der DDR des Jüdischen Museums Berlin, die im Januar endete, wurde das Grundmotiv unlängst bereits in anderer Form behandelt.

Nun können sich Festivalbesucher in Potsdam damit beschäftigen. Diesmal richten die Organisatoren den Blick auch auf die Gegenwart – aus offensichtlichen Gründen: Die Attacke der Hamas vom 7. Oktober 2023 und die Tatsache, dass sich der Judenhass seither noch deutlicher und aggressiver zeigt als zuvor, sollen diskutiert werden.

In Brandenburg sind im Herbst Landtagswahlen

Hinzu kommt: Im Land Brandenburg, wo am 22. September ein neuer Landtag gewählt wird, liegt die zumindest in Teilen rechtsextreme AfD Umfragen zufolge mit 28 Prozent auf Platz eins. Auch das ist ein Thema. »1953 flohen etwa 500 Jüdinnen und Juden aus der DDR. 70 Jahre später, 2023, öffnete die erste Ausgabe des Mini-Festivals einen Raum, der neue Perspektiven auf die gewohnten Debatten über die DDR und Ostdeutschland bot«, so die Organisatoren.

Durch die Beschäftigung mit »jüdischen Remigranten« in der DDR und ihren Nachkommen würden jene Stimmen zu Wort kommen, die besonderen Einfluss auf Kultur und Kunst der DDR gehabt hätten – und dennoch ihre Außenseiter geblieben seien. Das diesjährige Festival soll sich mit der aktuellen Situation jüdischen Lebens beschäftigen.
»Über Baseballschlägerjahre und Potsdamer Geheimtreffen«, so lautet der bereits viel verratende Titel eines Abends mit Dmitrij Kapitelman und Manja Präkels.

Sie lesen aus ihren Romanen, bevor es zu einer Performance der Band der Autorin kommt. In dem Buch Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß von Manja Präkels geht es um die letzten Jahre der DDR und die gesellschaftlichen Verwerfungen nach der Wende in einer brandenburgischen Kleinstadt. Der in Kiew geborene Autor Dmitrij Kapitelman schrieb bereits mehrere Romane. 1965 in Ost-Berlin als Sohn des Schriftstellers Stephan Hermlin geboren, veröffentlichte Andrej Hermlin 2011 sein Buch My Way – Ein Leben zwischen den Welten, aus dem er vorlesen wird.

Andrej und Rachel Hermlin vom Swing Dance Orchestra spielen bei einer musikalischen Matinee.

Am zweiten Festivaltag ist eine Musikalische Matinee mit dem Swing-Jazz-Musiker Hermlin und seiner Tochter Rachel vorgesehen, bevor es bei einer weiteren Lesung um die Erinnerungskultur und den Antisemitismus der DDR geht. Der Historiker Jeffrey Herf kommt hierzu nach Potsdam. Er liest aus seinen Büchern – darunter Zweierlei Erinnerung: Die NS-Vergangenheit im geteilten Deutschland und Unerklärte Kriege gegen Israel. Diese englischsprachige Veranstaltung wird simultan übersetzt.

Ein Publikumsgespräch zum Thema »Post-Ost-Community, die Ukraine und die deutsche Öffentlichkeit« mit Erica Zingher, dem Konzeptkünstler Pavlo Arie und der Musikerin Masha The Rich Man ist ebenso Teil des Programms. Abgerundet wird das Festival mit »Texten über eine von Ungewissheit und Schmerz geprägte Gegenwart israelischer und in der Diaspora lebender Jüdinnen und Juden«.

Beteiligt sind »die israelischen und diasporischen Autorinnen« Lena Gorelik, Julya Rabinowich, Hadar Galron, Avishai Milstein, Roy Chen und Maya Arad Yasur. Sie sind im Rahmen eines Projektes dabei, »literarische Texte über eine von Ungewissheit und Schmerz geprägte Gegenwart« zu verfassen. Schauspieler des Hans Otto Theaters lesen aus den Teilen, die bereits vorliegen.

Das Festival »Jüdische Ossis« findet vom 16. bis zum 17. März 2024 in der Potsdamer Reithalle (Schiffbauergasse, 14467 Potsdam) statt.

Malerei

First Ladys der Abstraktion

Das Museum Reinhard Ernst in Wiesbaden zeigt farbenfrohe Bilder jüdischer Künstlerinnen

von Dorothee Baer-Bogenschütz  14.01.2025

Leipzig

»War is over« im Capa-Haus

Das Capa-Haus war nach jahrzehntelangem Verfall durch eine bürgerschaftliche Initiative wiederentdeckt und saniert worden

 14.01.2025

Debatte

»Zur freien Rede gehört auch, die Argumente zu hören, die man für falsch hält«

In einem Meinungsstück in der »Welt« machte Elon Musk Wahlwerbung für die AfD. Jetzt meldet sich der Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner zu Wort

von Anna Ringle  13.01.2025

Krefeld

Gütliche Einigung über Campendonk-Gemälde

An der Einigung waren den Angaben nach die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth (Grüne), das Land NRW und die Kulturstiftung der Länder beteiligt

 13.01.2025

TV

Handgefertigte Erinnerung: Arte widmet Stolpersteinen eine Doku

Mehr als 100.000 Stolpersteine erinnern in 30 Ländern Europas an das Schicksal verfolgter Menschen im Zweiten Weltkrieg. Mit Entstehung und Zukunft des Kunstprojektes sowie dessen Hürden befasst sich ein Dokumentarfilm

von Wolfgang Wittenburg  13.01.2025

Mascha Kaléko

Großstadtdichterin mit sprühendem Witz

In den 20er-Jahren war Mascha Kaléko ein Star in Berlin. Die Nazis trieben sie ins Exil. Rund um ihren 50. Todestag erleben die Werke der jüdischen Dichterin eine Renaissance

von Christoph Arens  13.01.2025

Film

»Dude, wir sind Juden in einem Zug in Polen«

Bei den Oscar-Nominierungen darf man mit »A Real Pain« rechnen: Es handelt sich um eine Tragikomödie über das Erbe des Holocaust. Jesse Eisenberg und Kieran Culkin laufen zur Höchstform auf

von Lisa Forster  13.01.2025

Sehen!

»Shikun«

In Amos Gitais neuem Film bebt der geschichtsträchtige Beton zwischen gestern und heute

von Jens Balkenborg  12.01.2025

Omanut Zwillenberg-Förderpreis

Elianna Renner erhält Auszeichnung für jüdische Kunst

Die Schweizerin wird für ihre intensive Auseinandersetzung mit Geschichte, Biografie und Politik geehrt

 12.01.2025