Oh, er sieht wirklich gut aus. Nicht nur aus der Ferne betrachtet, zum Beispiel vom Dach des Carlton-Hotels, nein, auch aus der Nähe ist er ein echter Hingucker.
Ich schwärme nicht von einem Mann, ich bejubele mein Lieblingsschwimmbad, den Gordon Pool in Tel Aviv. Als wir uns – der Pool und ich – noch nicht so gut kannten, verstand ich sein allabendliches Ausleeren falsch. Ein Swimmingpool ohne Wasser bedeutet in meiner Welt nichts Gutes. Es kommt beispielsweise dem Abtauchen des Mannes gleich, mit dem man sich am Abend zuvor wirklich gut unterhielt und der sich dennoch nie wieder meldet. Ein Swimmingpool ohne Wasser bedeutet entweder, dass ein technischer Defekt vorliegt, oder das Ende der Badesaison.
ferienkinder Ein leerer Gordon Pool hingegen ist das komplette Gegenteil. Das Aus- und Einlassen des Salzwassers am Abend bedeutet das Sich-Bereitmachen für den nächsten Tag. Für all die Schwimmerinnen und Schwimmer, die auf den nach Geschwindigkeit unterteilten Bahnen ihre Meter herunterkraulen werden. Ohne von den Rettungsschwimmern aus den Augen gelassen zu werden, die parallel versuchen, die vom Beckenrand springenden Ferienkinder zur Ordnung zu rufen und die nicht Badekappenträger aus dem Wasser zu scheuchen.
Im Gordon Pool herrscht Ordnung, erklärt mir Ben, der gerade seinen Armeedienst beendet hat und nun als Rettungsschwimmer sein Geld verdient, bevor er sich – wie die meisten Israelis nach der Armee – für ein paar Monate ins pralle Leben irgendwo auf der Welt stürzen will. In der Armee war Ben ein Fighter, weshalb ich nicht widerspreche, als er mich von der Bahn für Flossenschwimmer verweist, obwohl diese komplett leer ist.
»Du bist Schwimmerin?«, fragte mich Ben, als täte es ihm ein bisschen leid, so kleinkariert gewesen zu sein.
Leg dich nicht mit den Rettungsschwimmern in Tel Aviv an! Weder am Strand noch im Gordon Pool. Egal, in welcher Sprache sie die Badenden anbrüllen, sie haben immer recht. Weil sie’s können.
einsatz »Du bist Schwimmerin?«, fragt mich Ben, als täte es ihm ein bisschen leid, so kleinkariert gewesen zu sein. Wir kommen ein wenig ins Gespräch, ich erzähle ihm von der DDR-Schwimm-Nationalmannschaft, er mir von den sogenannten »Dog Tags«, jenen kleinen Metallplättchen, die die Soldaten wie einen Anhänger an einer Kette um den Hals tragen. »Und wenn es in einen Einsatz geht, steckst du dir Teile davon in deine Schuhe, damit die Sanitäter wissen, welches abgetrennte Bein zu wem gehört.«
Leg dich nicht mit den Rettungsschwimmern an! Sie sorgen dafür, dass ich mich im Gordon Pool sicher fühle. Und weil mich Bens Geschichte sehr beeindruckt, schwimme ich zehn Bahnen extra, in der Hoffnung, er würde hin und wieder ein Auge für mich haben. Aber eine Gruppe Kindergartenkinder ist gekommen, denen sich der ehemalige Soldat und jetzige Rettungsschwimmer zuwendet. Ich gönne es den Kleinsten.