Es ist ein Film, der polarisiert. José Padilhas »7 Tage in Entebbe« schildert die Entführung der Air-France-Maschine im Jahr 1976 durch ein deutsch-palästinensisches Terrorkommando und Israels spektakuläre Befreiungsaktion. Noch heute hat die »Operation Entebbe«, die Israel damals internationale Sympathie eintrug und als Vorlage für den deutschen Einsatz in Mogadischu diente, viele Bewunderer. Doch Padilha erzählt die Geschichte mit Sympathie für die Terroristen. Nicht wenige Zuschauer gehen mit dem Gefühl aus dem Kino, dass es gute Gründe für die Entführung des Flugzeugs und die Mithilfe der beiden Deutschen bei der »Separierung« von israelischen und einigen jüdischen Passagieren gab.
Der einzige Glanzpunkt in dem Film: Lior Ashkenazi in der Rolle des israelischen Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin. Ein Gespräch über die Schwierigkeit der Verfilmung, Herausforderungen bei der Verkörperung Rabins und Ashkenazis eigene Erinnerung an die Flugzeugentführung.
Herr Ashkenazi, wie haben Sie reagiert, als man Ihnen anbot, in »7 Tage in Entebbe« niemand Geringeren als Yitzhak Rabin zu spielen?
Ehrlich gesagt, war ich erst einmal überrascht. Ich war überzeugt davon, dass ich viel zu jung bin für die Rolle. Andererseits war Rabin auch erst 54 Jahre alt, als sich die Ereignisse zutrugen, um die es im Film geht. Und wenn man es genau nimmt, bin ich davon ja auch nicht mehr so weit entfernt, schließlich werde ich dieses Jahr 50. Davon abgesehen sind historische Rollen immer eine besondere Herausforderung. Und ausgerechnet Rabin zu verkörpern, setzte mich tatsächlich einigermaßen unter Druck. Der Mann ist schließlich ein Mythos!
Wo genau lagen denn die Schwierigkeiten bei dieser Rolle?
Ganz einfach darin, dass Rabin auf der ganzen Welt bekannt ist. Und bei uns in Israel gibt es ohnehin niemanden, der nicht mit ihm vertraut ist und ein eigenes Bild von ihm hat. Es ist als Schauspieler unglaublich schwer, eine eigene Interpretation einer solchen Persönlichkeit zu erschaffen. Und es gibt so vieles, was man zu beachten hat, vom Aussehen über den Gang bis hin zur Art und Weise, wie er gesprochen hat. Gleichzeitig kann man ja nicht bloß imitieren. Ich habe mich, um mir die Rolle zu eigen zu machen, dann vor allem auf kleine Nuancen konzentriert, etwa die drei Schachteln Zigaretten, die er am Tag rauchte.
Wie vertraut waren Sie überhaupt mit den Ereignissen, um die es in »7 Tage in Entebbe« geht?
Ich war ein Kind, als das damals passierte. Ich erinnere mich noch gut daran, wie wir morgens in der Schule alle um ein Transistorradio saßen, das ein Mitschüler mitgebracht hatte, und Berichte von der Befreiung der Geiseln durch das israelische Militär hörten. In Israel gehören die Ereignisse von damals zur Allgemeinbildung. Als der Film in die Kinos kam, sagten viele wohl: »Entebbe? Schon wieder?« Denn die meisten von uns haben die Geschichte seit ihrer Kindheit schon 100-mal gehört.
In Deutschland sorgt der Film für kontroverse Diskussionen. Es wird kritisiert, dass die Ereignisse so erzählt werden, dass gut und böse, richtig und falsch verschwimmen. Wie ist es gewesen, als der Film in Israel ins Kino kam?
Es gab bestenfalls eine kleine Mini-Kontroverse, direkt nach der Weltpremiere auf der Berlinale. Den Israelis gefiel der Blick des Films auf die deutschen Kidnapper nicht. Für sie sind das Terroristen, da möchte man nichts über menschliche Emotionen hören.
Der Regisseur José Padilha sagte kürzlich in einem Interview, für ihn stünden die unterschiedlichen Positionen von Rabin und Peres – verhandeln oder nicht verhandeln – stellvertretend für »das zentrale Dilemma im Konflikt zwischen Israel und Palästina«. Stimmen Sie dem zu?
Bis zu Beginn der 90er-Jahre mag das gegolten haben. Aber seit dem Abkommen von Oslo geht es nicht mehr um »verhandeln oder nicht verhandeln«. Das ist heutzutage nicht mehr das Problem. Das Problem ist meiner Ansicht nach, dass unsere Anführer – auf beiden Seiten – nicht den Mut haben, beherzte Entscheidungen zu treffen. Viel wichtiger als Fragen nach links oder rechts wäre wirklich, dass mutige Entscheidungen getroffen werden.
Eine letzte Frage noch zu Ihrem Film »Foxtrot«, der am 12. Juli auch in die deutschen Kinos kommen wird und für den Sie den israelischen Filmpreis gewonnen haben. Der sorgte doch sogar für eine Kontroverse bis hinein in die Regierung, nicht wahr?
Jein. Der Film sorgte nur dort für Aufregung. Unsere Kulturministerin Miri Regev, die den Film noch nicht einmal gesehen hatte, war der Meinung, der Film sei antiisraelisch und ein Statement gegen die israelischen Verteidigungskräfte. Allerdings hat der große Erfolg von Foxtrot in Israel und auch im Ausland gezeigt, dass sie mit dieser Meinung ziemlich alleine dasteht.
Das Interview führte Patrick Heidmann.