Berlinale

Doppelte Auszeichnung

Das Filmland Israel ist doppelter Gewinner: Bei den 66. Internationalen Filmfestspielen Berlin sind zwei israelische Produktionen mit dem Panorama-Publikumspreis ausgezeichnet worden. Wie die Berlinale am Samstag mitteilte, erhielt Who´s Gonna Love Me Now? von Tomer Heymann den Preis als bester Dokumentarfilm, während Junction 48 von Udi Aloni sich in der Kategorie bester Spielfilm durchsetzte.

Während der Berlinale werden alle Kinobesucher aufgerufen, per Stimmkarte die Filme der Sektion Panorama zu bewerten. Insgesamt wurden knapp 30.000 Stimmen abgegeben und ausgewertet.

Who’s Gonna Love Me Now? ist eine Co-Regie der Brüder Tomer und Barak Heymann und porträtiert den schwulen Israeli Saar Maoz, der als 17-Jähriger aus seinem religiösen Kibbuz im Norden Israels ausgeschlossen wird und später nach London übersiedelt. Dort infiziert er sich mit HIV. Der Film begleitet seinen Helden bei dem Versuch, sich mit seiner konservativen Familie auszusöhnen – bis zu Saars Rückkehr nach Israel, wo er (heute 42 Jahre alt) für die Aids-Hilfe arbeitet.

Helden Zur Berlinale waren auch Saars Eltern aus Israel angereist, die nach einem Kontaktabbruch und einer darauf folgenden harten Auseinandersetzung den Lebensstil ihres Sohnes inzwischen akzeptieren. Saars Mutter, die nach wie vor den Schabbat hält, war allerdings bei der Premiere am vergangenen Samstag nicht anwesend.

»Der Film handelt nicht nur von unserer Familie. Es geht darum, wie man in einer eigentlich aussichtslosen Situation einen Neuanfang schaffen kann«, sagte Saar Maoz der Jüdischen Allgemeinen. Die eigentlichen Helden des Films seien seine Eltern. Saars Vater sagte, die Infektion seines Sohnes mit HIV habe sein ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Er sei froh, dass der Sohn ihn gezwungen habe, sich dieser Auseinandersetzung zu stellen.

Für Tomer Heymann ist es bereits der zweite Panorama-Publikumspreis: 2006 war er vom Berlinale-Publikum für Paper Dolls ausgezeichnet worden.

erfolgsserie Auch Udi Aloni ist ein alter Freund der Berlinale – Junction 48 ist seine sechste Produktion, die im Panorama Premiere feierte. Der Spielfilm (mit dem Rapper Tamer Nafar in einer Hauptrolle) hat die Schwierigkeiten zweier arabischer Hip-Hop-Sänger im israelischen Lod zum Thema. Zwischen Arbeitslosigkeit, Drogen und politischem Engagement versuchen die beiden jungen Musiker, ihre eigene Stimme zu finden und sich auch mit der Unterdrückung der Frau in ihrer Gesellschaft auseinanderzusetzen.

Mit der doppelten Auszeichnung auf der 66. Berlinale kann das Filmland Israel an eine Erfolgsserie anknüpfen, die 2003 begonnen hatte: Mit Nir Bergman war damals zum ersten Mal ein israelischer Regisseur (für Knafaim ShvurotBroken Wings) mit dem Panorama-Publikumspreis ausgezeichnet worden. 2005 ging der Preis an Radu Mihaileanu für Va, vis et deviens (Geh und Lebe). 2006 folgte Tomer Heymann mit Paper Dolls und 2008 Eran Riklis mit Lemon Tree.

Der Panorama-Publikumspreis wird seit 1999 verliehen. Seit 2011 wird sowohl der beste Spielfilm als auch der beste Dokumentarfilm von der Berlinale-Sektion Panorama in Zusammenarbeit mit radioeins vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) geehrt.

Interview

»Ein großer Menschenfreund«

Campino über sein neues Buch, die Leidenschaft für Erich Kästner und Lyrik in Zeiten der Krise

von Nicole Dreyfus  26.11.2024

Fernsehen

»Kommt ein Vogel geflogen«

Wenn ein Papagei das Leben einer deutschen Familie mit jüdischem Elternteil ins Chaos stürzt

von Cosima Lutz  26.11.2024

Soziale Medien

Was Experten zur antisemitischen Radikalisierung bei TikTok sagen

Warnungen vor judenfeindlichen Inhalten

von Nikolas Ender  26.11.2024

Jubiläum

100 Jahre alt und weiter topaktuell: Thomas Manns »Zauberberg«

Der zum Katholizismus konvertierte Jude Leo Naphta ist eine der Hauptfiguren

von Karin Wollschläger  26.11.2024

Wissenschaft

Ist die Generation Selfie oberflächlich und selbstbezogen?

Dies ist nicht unbedingt der Fall, wie eine neue Studie aus Israel zeigt

 26.11.2024

Meinung

Nan Goldin: Gebrüll statt Kunst

Nach dem Eklat in der Neuen Nationalgalerie sollte Direktor Klaus Biesenbach zurücktreten

von Ayala Goldmann  25.11.2024

Hochschule

Das Jüdische Studienwerk ELES feiert sein 15. Jubiläum

Die Organisation will junge jüdische Studenten für das Gespräch stärken

von Stefan Meetschen  25.11.2024

Rezension

Trotzki-Biograf und Essayist

Isaac Deutschers Band »Der nichtjüdische Jude« zeigt Stärken und Schwächen des eigensinnigen Historikers

von Marko Martin  25.11.2024

Sehen!

Fluxus in Köln

Das Museum Ludwig widmet Ursula Burghardt und Ben Patterson eine Doppelausstellung

von Katharina Cichosch  24.11.2024