Den antisemitischen Darstellungen in einer auf der documenta fifteen ausgestellten Broschüre liegt ab sofort eine Einordnung des ausstellenden Kollektivs bei. Das teilte die documenta gGmbH am Dienstag mit.
Darin weist das Kollektiv »Archives des luttes des femmes en Algérie« (»Archive der Frauenkämpfe in Algerien«) die erhobenen Vorwürfe entschieden zurück.
»Wir bedauern, dass diese Bilder auf Unverständnis stoßen und Gegenstand von Fehlinterpretationen seitens der Medien und Besucher:innen geworden sind, die in ihnen antisemitische Darstellungen zu erkennen meinen«, schreibt das Kollektiv. Doch die Bilder zielten nicht auf Juden oder Jüdinnen als Einzelpersonen oder als Gemeinschaft ab, sondern sie kritisierten die israelische Armee.«
Die in der Broschüre «Presence des Femmes» enthaltenen Zeichnungen zeigen unter anderem einen israelischen Soldaten mit Hakennase. Sie lösten nach den zahlreichen Antisemitismus-Vorfällen bei der documenta und dem Abbau eines judenfeindlichen Banners eine weitere Welle der Kritik an der Ausstellung in Kassel aus.
Das Kollektiv erläuterte nun, es halte es für dringend geboten, die Kritik an der israelischen Besatzung, die sich in den Darstellungen äußere, nicht mit Antisemitismus gleichzusetzen. Das Heft - 1988 in Algier erschienen - habe sich offen als Fürsprecher des palästinensischen Volkes und der palästinensischen Frauen positioniert.
»Es enthält Beiträge von Schriftsteller:innen und Dichter:innen, die die Situation in Palästina, den Widerstand der Palästinenser:innen sowie Publikationen zur algerische Kultur- und Kunstszene jener Zeit thematisieren.«
Dabei betont das Kollektiv die besondere Bedeutung des Jahres 1988 in der Geschichte des unabhängigen Algeriens vor dem Hintergrund des Oktober-Aufstands, der die Weichen für die Entstehung eines Mehrparteiensystems im Februar 1989 gestellt habe. »Es handelt sich um historische Dokumente, die zunächst einmal auch als solche verstanden werden sollten.«
DIG-Präsident Volker Beck, der sich gerade auf der documenta in Kassel aufhält, sagte dazu auf Anfrage dieser Zeitung: »Die Kontextualisierung der Künstler ist keine, es ist eine Ausrede. Die Kontextualisierung erklärt nichts, sie erklärt auch nicht die Hakennase des IDF-Soldaten. Es ist und bleibt eine antisemitische Ikonografie.« dpa/ja