Zum 100. Geburtstag von Artur »Atze« Brauner am Mittwoch haben Politiker die Verdienste der Berliner Filmproduzenten-Legende gewürdigt. Brauner sei einer der Väter der heutigen Filmmetropole Berlin, sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Montag.
Er habe ein Produzentenleben lang der Stadt über alle Höhen und Tiefen der deutschen Nachkriegsfilmgeschichte die Treue gehalten. »Und besonders für die Filme, die der Erinnerung und der Aufklärung über unsere Geschichte, über die nationalsozialistische Diktatur und über den Massenmord am europäischen Judentum gewidmet sind, sind wir Artur Brauner dankbar«, so Müller weiter.
Karriere Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) sprach von einer beeindruckenden Karriere des Holocaust-Überlebenden Brauners, der mehr als 300 Filme produziert habe. Dabei habe Brauner nicht nur großes Talent für anspruchsvolle Unterhaltungsfilme bewiesen, sondern habe mit Filmen wie Morituri, Hitlerjunge Salomon oder Der letzte Zug auch Maßstäbe in der filmischen Auseinandersetzung mit dem Holocaust gesetzt. Dafür stünden nicht zuletzt zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen – darunter zwei Golden Globes und ein Oscar.
»Diese Filme werden bleiben und auch künftig wichtige Zeugnisse historischen Erinnerns sein, wenn uns eines Tages alle Zeitzeuginnen und Zeitzeugen des Holocaust verlassen haben werden«, sagte der Regierende Bürgermeister Müller. Artur Brauners Lebensentscheidung für Berlin, wo er auch seine Familie gegründet habe, sei ein Zeichen dafür, dass jüdisches Leben und jüdische Kultur in der Hauptstadt eine Zukunft hätten.
Grütters dankte dem Filmproduzenten für sein unermüdliches Engagement als Streiter für Demokratie, Toleranz und Versöhnung zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturkreise, Religionen oder Herkunft, insbesondere für die Verständigung zwischen Juden und Christen.
außergewöhnlich Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, sagte auf Anfrage der Jüdischen Allgemeinen: »Einem außergewöhnlichen Menschen ist ein außergewöhnlicher Geburtstag vergönnt: dem bereits zu Lebzeiten legendären Artur Brauner meine herzlichsten Glückwünsche zum 100. Wiegenfest!«
»Wir Deutschen können ihm unendlich dankbar sein, dass er nach dem kulturellen Kahlschlag, den die Nazis hinterlassen haben, ausgerechnet Berlin als Lebensmittelpunkt gewählt hat«, so Felix Klein weiter. Brauner habe von Berlin aus zum Wiederaufbau und im wahrsten Sinne des Wortes zum Wiederansehen des deutschen Films maßgeblich beigetragen.
»Mit Humor, Mut und dem notwendigen Quäntchen Glück prägte Artur Brauner das deutsche Nachkriegskino wie kaum ein anderer«, betonte Klein. »Sein Anliegen, die Erinnerung an die Schoa wachzuhalten, sollte uns ein immerwährender Auftrag sein – gerade in den Zeiten, in denen Populismus, Antisemitismus und Geschichtsvergessenheit wieder Auftrieb zu haben scheinen.«
Warnung Im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur vergangene Woche hatte der 99-jährige Filmproduzent und Schoa-Überlebende Jugendliche davor gewarnt, sich von Rechtspopulisten verführen zu lassen. Mit Besorgnis blicke er auf die derzeitigen rechtspopulistischen Strömungen.
»Ich kann der Jugend nur nahelegen, dass sie den Populisten weltweit nicht ins Netz geht und sich mit aller Kraft Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit entgegenstellt«, erklärte Brauner. »Und zwar jetzt und nicht erst, wenn es schon zu spät ist.«
Artur Brauner drehte insgesamt mehr als 20 Filme, die um die Schoa kreisen und in Yad Vashem in der Artur-Brauner-Mediathek zu sehen sind. Das Visuelle Zentrum in Yad Vashem ist die weltweit größte Sammlung von Filmen über den Holocaust. Über 6100 Werke sind dort katalogisiert, circa 60.000 Zeugenaussagen können eingesehen werden. epd/ja