Wuligers Woche

Die Tastenkrieger

Die aktuelle Erscheinungsform der Stammtischstrategen sind die Tastenkrieger, die sich im bequemen Sessel auf Facebook martialisch austoben. Foto: Getty Images / istock

Stammtischstrategen nennt man Leute, die fernab des Kriegsgeschehens der Front erzählen wollen, wie sie richtig zu kämpfen hat. Je weiter weg die Gefechtslinie liegt, desto lautstarker sind ihre Kampfaufrufe. Heldentum auf Kosten anderer ist die Kriegskunst der Etappe.

Die aktuelle Erscheinungsform der Stammtischstrategen sind die Tastenkrieger, die sich im bequemen Sessel auf Facebook martialisch austoben. Als vergangene Woche die Hamas mit Raketen Israel beschoss, war in den sozialen Medien rasch zu lesen, jetzt müsse eine Großoffensive her, um ein für alle Mal die Islamisten auszuschalten. Oder, einfacher ausgedrückt: »Gaza plattmachen«.

WORTE Als dann einige Tage später die Zusammenstöße in einem Waffenstillstand endeten, war die Enttäuschung entsprechend groß. Nahost- und Militärexperten aus Zwickau, Biberach und Neheim-Hüsten rügten in scharfen Worten die Fehlentscheidung der israelischen Regierung und des Generalstabs. »Appeasement« und »Kapitulation« waren noch die harmloseren Ausdrücke.

Ich kann den Waffenstillstand nicht beurteilen. Die militärischen und geheimdienstlichen Informationen, die dafür nötig wären, besitze ich nicht. Mit Sicherheit sagen kann ich allerdings, dass die militanten Tastenkrieger, von denen sich einige mit putzigen hebräischen Namen schmücken, dazu noch weniger qualifiziert sind.

Ihren Profilfotos nach zu urteilen, würden die Tastenkrieger keinen Zehn-Kilometer-Gepäckmarsch im Negev überstehen.

Ihren Profilfotos nach zu urteilen, würden sie keinen Zehn-Kilometer-Gepäckmarsch im Negev ohne größere körperliche Schäden überstehen; die israelische Armee könnte sie bestenfalls in der Kleiderkammer einsetzen. Mutmaßlich können diese Strategen nicht einmal Kassam und Kabsa unterscheiden. (Hilfestellung: Das eine ist eine Rakete der Hamas, das andere ein Reisgericht mit Huhn.)

Da treffen sich die pro-israelischen Maulhelden mit ihren geschworenen Feinden, den Palästina-Soli-Kämpfern. Beiden ist gemein, dass sich ihre Sachkenntnis umgekehrt proportional zum Grad des Engagements verhält. Oder, simpler ausgedrückt: keine Ahnung, aber militant.

DEBATTEN Gemeinsam haben beide auch, dass sie diejenigen, die sie zu unterstützen glauben, vor allem nerven. Hinter vorgehaltener Hand hört man von israelischen Offiziellen des Öfteren, wie sehr ihnen einige prozionistische Initiativen auf den Keks gehen.

Ähnlich reden viele Palästinenser von den hiesigen Freunden ihrer Sache. Bei Nahostdebatten kann es deshalb schon passieren, dass, wenn die Deutschen, gleich welcher Couleur, den Raum verlassen haben, Araber und Juden erleichtert aufatmen: Jetzt kann man endlich halbwegs vernünftig miteinander reden.

Wie man mit der Hamas in Gaza fertig werden soll, wird in Israel kontrovers diskutiert. Ganz sicher aber werden weder Lieberman noch Netanjahu in ihrem Streit Rat bei deutschen Facebook-Accounts einholen. Denen kann man darum nur auf Hebräisch raten: Stom ta’peh! Und damit sie es nicht extra googeln müssen, hier gleich die Übersetzung: Schnauze halten!

Glosse

Der Rest der Welt

Minimalistisch oder altersgerecht: in Worten fünfundvierzig

von Katrin Richter  23.02.2025

Aufgegabelt

Gulasch mit Paprika und Kartoffeln

Rezepte und Leckeres

von Ruth Raber  23.02.2025

Berlinale-Preisverleihung

Ohne Israelhass geht es nicht

Der gute Wille war da bei der neuen Festivalleitung, doch auch bei der Verleihung der Bären am Samstagabend kam es zu anti-israelischen Aussetzern

von Sophie Albers Ben Chamo  22.02.2025

Berlin

Berlinale gedenkt Opfers des Angriffs am Holocaust-Mahnmal

Am Vorabend wurde ein spanischer Tourist von einem syrischen Flüchtling, der Juden töten wollte, mit einem Messer angegriffen

 22.02.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

von Maria Ossowski  20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025