Die Forschung auf dem Gebiet der Halbleitertechnik findet praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Berichte über Fortschritte und Errungenschaften stehen meist nur in Fachzeitschriften oder auf Technik-Blogs. Und das, obwohl Halbleiter in Produkten vorkommen, die fast jeder im täglichen Leben benutzt. Und so blieb es auch fast unbemerkt, dass David Tsivion vom Weizmann-Institut im israelischen Rehovot kürzlich einen Durchbruch in der Halbleiterherstellung erzielt hat, der eben jene Produkte effizienter und billiger machen könnte.
Halbleiter sind feste Stoffe, die hinsichtlich ihrer elektrischen Leitfähigkeit sowohl als stromleitend als auch als nichtleitend eingestuft werden können. Die jeweilige Eigenschaft ändert sich bei diesen Materialien mit der Temperatur, aber auch mit dem Einbringen von Fremdatomen – ein Vorgang, der »Dotieren« genannt wird.
klein und schnell Halbleiter spielen unter anderem in der Elektronik eine wichtige Rolle. Die Halbleiterelektronik umfasst mit den halbleiterbasierten integrierten Schaltungen sämtliche Prozessoren, Mikrokontroller und Speicher, die nicht nur zu Computern verbaut werden, sondern sich auch in fast jedem modernen Gebrauchsgegenstand mit Stromanschluss oder auch in Autos finden. Eine neue, leistungsfähigere Generation von Elektrogeräten setzt daher immer auch Fortschritte in der Halbleitertechnik voraus.
So benötigen schnellere Prozessoren für ein Handy oder einen Computer immer kleinere Strukturen, da bei zunehmender Größe des Computerherzens die Laufzeitlänge des Signals im Prozessor zu groß würde. Moderne Computer haben Prozessortaktungen von mehr als drei Gigahertz – das ist eine Drei mit neun Nullen. So viele Zyklen schafft ein Prozessor pro Sekunde. Noch beeindruckender wirkt diese Zahl, wenn man sich vor Augen führt, dass das Licht während eines solchen Taktes gerade einmal zehn Zentimeter zurücklegt.
licht und sonne Ohne Halbleitertechnik wäre auch Solarenergie nicht denkbar. Auch bei der Lichterzeugung spielt sie eine Rolle, denn sowohl Fotozellen als auch LEDs (Leuchtdioden) basieren auf dieser Technik.
Ein besonders wichtiger Halbleiter ist das Galliumnitrid. Ohne die winzigen Kristalle aus diesem Material gäbe es keine effizienten blauen und grünen Leuchtdioden – diese finden sich sowohl in BluRay-Laufwerken als auch in Ampeln, denn die werden längst nicht mehr mit klassischen Glühbirnen betrieben. Überhaupt sind LED-Glühbirnen – die eine bessere Alternative zu Energiesparlampen darstellen, da sie das volle Lichtspektrum bieten – auf Galliumnitrid angewiesen.
nanodrähte Allerdings gibt es mit Galliumnitrid auch ein Problem: Es lässt sich nur sehr schwer herstellen. Besondere Schwierigkeiten bereitete es bisher, größere Kristalle davon zu erzeugen. »Größer« bedeutet in der Halbleitertechnik: Kristalle, die einen Millimeter lang sind. Doch genau das haben David Tsivion und seine Kollegen vom Weizmann-Institut jetzt geschafft – sie ließen Nanodrähte aus Galliumnitrid auf speziell geformten Saphiroberflächen wachsen.
Wird diese Saphiroberfläche, die Millionstel Millimeter kleine Treppenstufen aufweist, mit einem 950 Grad Celsius heißem Gemisch aus Galliumoxid, Stickstoff, Wasserstoff und Ammoniak bedampft, wachsen auf ihr kleine Galliumnitridkristalle. Dieses Verfahren lässt sich genau kontrollieren, was in der Vergangenheit einfach nicht möglich war. Bisher wurden Galliumnitrid-Nanodrähte nämlich vertikal im freien Raum gezüchtet, erreichten nur wenige Mikrometer Länge und mussten danach sehr aufwendig in optoelektronische Module transferiert werden.
»Das gesteuerte Wachstum von horizontal angeordneten Nanodrähten bei der Kristallzucht könnte die bisherigen Hürden für die Nutzung überwinden«, heißt es dazu aus Tsivions Team. Denn die Richtung, in der die Kristalle wachsen – ob horizontal oder vertikal –, ist wichtig. Am besten kann man das mit einer Mauer aus Ziegelsteinen vergleichen: Baut man eine Fläche aus Ziegelsteinen und richtet sie hinterher auf, bekommt man eine andere Ziegelsteinstruktur, als wenn man eine Mauer direkt in die Höhe baut: Die Steine stehen senkrecht und liegen nicht waagerecht aufeinander.
umwelt »Dieses Verfahren wird die Produktion von Halbleitern mit streng kontrollierten Strukturen und einzigartigen Eigenschaften ermöglichen«, versprechen die Forscher um Tsivion, nachdem sie die physikalischen Eigenschaften ihrer Nanodrähte genau untersucht hatten. Jetzt müssen sie nur noch eine Möglichkeit finden, ihre Nanodrahtkristalle in großer Zahl industriell herzustellen. Denn bisher fand alles in aufwendigen Versuchsaufbauten im Labor statt. Gelingt der Schritt zur kommerziellen Fertigung, werden sowohl Solarzellen als auch LEDs mit einem viel höheren Wirkungsgrad preisgünstig herzustellen sein – und das ist eine gute Nachricht sowohl für die Umwelt wie für den Geldbeutel des Konsumenten. Denn auch Glühbirnen werden damit billiger.