JMB

Die Erwartungen sind groß

Alan Posener, Josef Schuster, Christoph Stölzl (v.l.) mit Moderatorin Ilanit Spinner Foto: Gregor Zielke

»Kein neutraler Ort«, »Jüdisch in Anführungszeichen« – das waren die Schlagzeilen zu den hitzigen Diskussionen um das Jüdische Museum Berlin im Frühsommer. Dem vorausgegangen war scharfe Kritik, vor allem an der Ausstellung »Welcome to Jerusalem« sowie an der Arbeit der Museumsakademie. Der Vorwurf: Der kontroverse Diskurs sei nicht neutral, sondern entwickle eine klare Tendenz. Ausgewogenheit fehle.

Gut ein halbes Jahr später diskutierten Zentralratspräsident Josef Schuster, der Publizist Alan Posener und der Kulturhistoriker Christoph Stölzl, der im Juni als Vertrauensperson für den Stiftungsrat im Jüdischen Museum benannt worden war, um die Wogen zu glätten, die die Debatte entfacht hatte, die Frage: »Wie jüdisch ist (noch) das Jüdische Museum Berlin«?

»Wie schwer wird Hetty Berg es haben?«, wollte Moderatorin Ilanit Spinner wissen.

Dass es in dieser Podiumsdiskussion keine einfachen Antworten geben würde, war von Anfang an klar. Was ist überhaupt ein jüdisches Museum? Welche Aufgabe hat es? Sollte ein Museum auch politisch Stellung beziehen? Was ist erlaubt, was nicht? Welche Neuausrichtung strebt das Museum mit der neuen Museumsdirektorin Hetty Berg an?

SPAGAT Die drei Referenten waren sich in vielem einig, diskutierten aber auch kontrovers. So widersprach Josef Schuster Alan Posener vehement in der Frage, wie viel Mitspracherecht israelische Institutionen oder die israelische Regierung bei der Gestaltung der künftigen Museumsarbeit haben sollten. Einig waren sich die Referenten aber darin, die Geschichte und Gegenwart der Juden in Deutschland sowohl für jüdische wie auch nichtjüdische Besucher umfassend darzustellen – gewiss ein Spagat und eine »Quadratur des Kreises«, formulierte es Christoph Stölzl.

Eine solche Einrichtung müsse umgehen können mit der allgemeinen nichtreligiösen Öffentlichkeit in Deutschland, mit dem Verhältnis zu Israel, mit dem Verhältnis zur jüdischen Gemeinschaft und der innerjüdischen »Szenelandschaft«, für die das Museum ebenfalls Podium sein solle.

Die Referenten waren sich in vielem einig, diskutierten aber auch kontrovers.

Dass das »allerhöchstes Taktgefühl, größtes Wissen und viel Empathie« erfordere, habe die Debatte gezeigt, die die Kritik am Museum ausgelöst hatte. Die designierte Direktorin Hetty Berg bringe genau das mit, zusätzlich zu ihrer langjährigen Erfahrung als Kulturmanagerin, sagte Josef Schuster. Sie habe auf jeden Fall Vorschussvertrauen verdient.

»Wie schwer wird sie es haben?«, wollte Moderatorin Ilanit Spinner wissen. Auch in dieser Frage war man sich uneinig. Während Alan Posener hofft, dass sie bei den »gewachsenen Strukturen« des Jüdischen Museums durchgreife und gestalte und dass die Museumsmitarbeiter mit ihr kooperieren und »nicht gegen sie arbeiten«, war Christoph Stölzl sehr optimistisch, dass die Mehrzahl der Museumsmitarbeiter, »sammelt, bewahrt, archiviert, deutet, restauriert, veranstaltet, Jugendliche betreut, und das mehrsprachig. Das sei einfach »ein großer Museumsapparat«, sagte Stölzl, das Handwerk müsse man »auch können«. Viele Mitarbeiter seien auch verunsichert.

Doch er sei sehr zuversichtlich, was die Neuausrichtung des Hauses angeht. Nun gelte es, aus den Fehlern zu lernen. Dann die Erwartungen seien groß.

Lesen Sie mehr dazu in unserer nächsten Printausgabe.

»Israelphobie«

Elefant im diskursiven Raum

In seinem Buch analysiert Jake Wallis Simon, Herausgeber des »Jewish Chronicle«, den Hass auf den jüdischen Staat

von Ralf Balke  07.01.2025

Potsdam

Ausstellung über Holocaust-Überlebende im Landtag

Im Mittelpunkt stünden die Lebensgeschichten von acht jungen Menschen, die mit dem sogenannten »Verlorenen Transport« aus dem Konzentrationslager Bergen-Belsen deportiert und bei Tröbitz befreit wurden

 07.01.2025

Sprache

»Sei ein Mensch!« ist Satz des Jahres

Es handelt sich um eine Aussage des Sportjournalisten Marcel Reif

 07.01.2025

Imanuels Interpreten (3)

Allee Willis: Die bekannteste Unbekannte

Sie ist die Unbekannte hinter Songs, von denen einige die Welt im wahrsten Sinne des Wortes bewegt haben. Ihr Motto: »Der Text darf nie mit dem Groove kollidieren«

von Imanuel Marcus  06.01.2025 Aktualisiert

Beverly Hills

Adrien Brody und »The Brutalist« gewinnen Golden Globes

Wie schnitten andere jüdische Darsteller und Filmemacher bei der 82. Vergabe der Trophäen in Beverly Hills ab?

von Imanuel Marcus  06.01.2025

Los Angeles

Amerikanischer Filmemacher Jeff Baena mit 47 Jahren gestorben

Er war bekannt für seine Independentfilme, und auch als Drehbuchautor machte er sich einen Namen. Nun ist der jüdische Regisseur mit 47 Jahren gestorben

 06.01.2025

Columbia University

»Eine große Gefahr für den Westen«

Der Hochschullehrer Ran Kivetz über anti-israelische Proteste, Morddrohungen gegen jüdische Dozenten und mögliche Folgen für die liberale Demokratie

von Detlef David Kauschke  05.01.2025

Kulturkolumne

Warum ich für meine Familie zwei WhatsApp-Gruppen brauche

Beide Gruppen nerven mich – und doch ist es gleichzeitig alles andere als selbstverständlich, mit allen in Echtzeit so kommunizieren zu können

von Laura Cazés  05.01.2025

Aufgegabelt

Heringssalat mit Roter Bete

Rezepte und Leckeres

 05.01.2025