Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), Volker Beck, hat auf einem Besuch der »documenta fifteen« die Verantwortlichen der Ausstellung scharf kritisiert.
Antisemitische Bildmotive würden weiterhin ohne Einordnung gezeigt, sagte Beck am Dienstag in Kassel. Die jüngst in die Kritik geratenen Zeichnungen der Künstler Buhran Karkoutly und Naji Al-Ali in der algerischen Broschüre »Présence de femmes« von 1988 seien in der Art der Darstellung israelischer Soldaten antisemitisch, erklärte der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete.
Kritik am israelischen Militär könne geübt werden, aber die Karikatur eines Soldaten mit übergroßer Hakennase diabolisiere ihn in der Tradition antisemitischer Ikonografie.
Auch der Gaza-Guernica-Zyklus von Mohammed al Hawajri verdrehe den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern und dämonisiere Israel, sagte Beck. Die Installationen der Halal-Frittierhähnchenimbisse von Hamja Ahsan und die Filme der Japanischen Roten Armee aus dem Umfeld des früheren Linksterroristen und Regisseurs Masao Adachi verharmlosten Terroranschläge gegen Israelis und verhöhnten dadurch die Opfer.
Die Filme würden von der documenta als Zeichen der Solidarität zwischen Japanern und Palästinensern bezeichnet. »Das ist Verharmlosung oder Verherrlichung von Terror«, sagte Beck.
Der Präsident der DIG kritisierte, dass die Leitung der documenta nicht Stellung zu den Vorwürfen beziehe. Beck forderte den Interims-Geschäftsführer Alexander Farenholtz und den von der Stadt Kassel und dem Land Hessen gestellten Aufsichtsrat zum Rücktritt auf.
Zuvor hat das algerische Kollektiv »Archives des luttes des femmes en Algérie« die kritisierte Zeitschrift »Présence de femmes« von 1988 mit einer Erklärung versehen. Die Antisemitismusvorwürfe gegen die Abbildungen von Karkoutly und Naji Al-Ali seien unbegründet und diffamierend, heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Schreiben.
»Wir halten es für dringend geboten, die Kritik an der israelischen Besatzung, die sich in den Darstellungen in ›Présence de femmes‹ äußert, nicht mit Antisemitismus gleichzusetzen.«
Die Zeichnungen in der ausgestellten Zeitschrift der algerischen Frauenbewegung »zielen nicht auf Juden oder Jüdinnen als Einzelpersonen oder als Gemeinschaft ab, sondern sie kritisieren die israelische Armee«, heißt es in der Erklärung. Das Heft positioniere sich als Fürsprecher des palästinensischen Volkes.
Die documenta habe die Zeitschrift vor etwa drei Wochen geprüft und sei zu dem Schluss gekommen, dass nicht Juden »als solche« dargestellt seien, sondern israelische Soldaten.
Die Gesellschafter der »documenta fifteen«, die Stadt Kassel und das Land Hessen, hatten Ende Juli einen fehlerhaften Umgang mit den Zeichnungen eingeräumt. Scharfe Kritik übte in diesem Zusammenhang der Zentralrat der Juden: »Man muss sich fragen, wie weit wir in Deutschland sind, wenn diese Bilder als vermeintliche ›Israelkritik‹ für gut befunden werden können«, sagte Präsident Schuster. Die »documenta fifteen« werde »als antisemitische Kunstschau in die Geschichte eingehen«.
Bereits seit Monaten wird die documenta von zahlreichen Antisemitismus-Vorfällen überschattet. Kurz nach der Eröffnung der Ausstellung war unter anderem ein Banner mit judenfeindlichen Motiven entdeckt und abgebaut worden.
Im Januar waren erste Stimmen laut geworden, die dem Kuratoren-Kollektiv Ruangrupa und einigen eingeladenen Künstlern eine Nähe zur antisemitischen Boykottbewegung BDS vorwarfen. Jüdische Künstler aus Israel wurden bewusst gar nicht erst eingeladen. epd/ja