Barrie Kosky

Die Deutschen unterschätzen das Lachen

In einem Interview blickt der Regisseur auf seine Arbeit und den Rollentausch nach der Aufführung

 06.10.2024 10:30 Uhr

Regisseur Barrie Kosky im Oktober 2023 im Schillertheater Foto: picture alliance/dpa

In einem Interview blickt der Regisseur auf seine Arbeit und den Rollentausch nach der Aufführung

 06.10.2024 10:30 Uhr

Barrie Kosky (57), aus Australien kommender Opernregisseur, hat den Eindruck, dass das Lachen im deutschsprachigen Kulturraum unterschätzt wird. »Dabei ist es für den Menschen genauso wichtig wie Weinen und Denken«, sagte Kosky der »Süddeutschen Zeitung« vom Wochenende. Denn es handle sich um einen elementaren Teil der menschlichen DNA.

Er selbst neige aber auch zu Melancholie. Für die Künste habe diese Stimmung eine riesige Bedeutung. Denn 50 Prozent des klassischen Musikrepertoires sei melancholisch und klinge nach dieser Mischung aus Sehnsucht, Nostalgie, Verlust und Träumen.

»Man muss Melancholie kontrollieren, damit es sich nicht auswächst zu etwas, dass dann nicht mehr konstruktiv ist«, erklärte der Regisseur. Aber für sich genommen sei es eine wunderschöne Sache.

Kosky wurde als Enkel jüdischer Emigranten aus Europa in Melbourne geboren. Er war von 2012 bis 2022 Intendant der Komischen Oper Berlin. Außerdem inszenierte er weltweit an Opernhäusern und bei Festivals.

Respektvolle Kollaboration

In seiner Arbeit als Regisseur setzt Kosky nach eigenen Worten auf respektvolle Kollaboration. Es sei unmöglich, eine Brucknersymphonie oder einen Parsifal auf eine demokratische Art und Weise auf die Bühne zu bringen. Nötig sei eine künstlerische Vision. Er finde aber gut, dass es ein neues Bewusstsein dafür gebe, wie man bei der Arbeit miteinander umgehe.

Bis vor Kurzem sei da, vor allem im europäischen Theater, tatsächlich sehr viel möglich gewesen, »das eigentlich nicht koscher ist«. So habe es brüllende Machtfiguren gegeben, die besoffen in die Probe gekommen seien, Flaschen gegen die Wand geschmissen und Menschen vor anderen gedemütigt hätten.

Herumzubrüllen und andere zu erniedrigen, sei nie sein Stil gewesen, betonte der Australier. »Ich bin auch der Meinung, dass man in einer respekt- und vertrauensvollen Atmosphäre viel besser arbeiten kann.«

Dennoch sei man als Regisseur ein Kontrollfreak und gewohnt, alles zu entscheiden: »Und dann geht man in sein normales Leben und vergisst gelegentlich, dass es keine Inszenierung ist und andere Menschen keine Statisten sind.« In der Vergangenheit habe er sich schwer getan umzuschalten. Aber inzwischen falle es ihm dank seines Alters, seiner Erfahrung und seines »wunderbaren Psychotherapeuten« leichter, beide Ebenen voneinander zu trennen: »Wenn eine Probe beendet ist, wechsle ich die Rolle.« kna

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