Während gerade mit großem Pomp die 60. Berlinale gefeiert wird, ist eine andere Berliner cineastische Institution in Nöten. Das Jüdische Filmfestival klagt über fehlende finanzielle Mittel. Der Senat will es nicht länger fördern.
Seit 1995 präsentiert das Festival jedes Frühjahr neue jüdische Produktionen aus aller Welt. Filme wie Radu Mihaileanus Train de Vie, Ari Folmans israelischer Politthriller Made in Israel oder vergangenes Jahr das Schoadrama Unter Bauern hatten hier ihre Deutschlandpremiere. Auf dem Programm stehen auch stets kontroverse und experimentelle Filme, die anderswo in Deutschland nicht zu sehen sind – für die jüdischen und mehrheitlich nichtjüdischen Besucher des Festivals eine seltene Gelegenheit, neue Trends im jüdischen Diskurs jenseits des offiziellen Mainstreams kennenzulernen.
spender Doch dafür ist jetzt kein Geld mehr da. Dabei geht es um eine Summe, die in Zeiten, in denen die Milliarde die kleinste Rechnungseinheit ist, wie es Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück einmal formuliert hat, vergleichsweise lächerlich wirkt: 230.000 Euro soll das Festival kosten. Im vergangenen Jahr hatte der Hauptstadtkulturfonds den Löwenanteil, 135.000 Eu-ro, getragen, 35.000 Euro kamen von der Jüdischen Gemeinde, der Rest von privaten Spendern und diversen Institutionen. Festivalleiterin Nicola Galliner hatte auch für 2010 wieder mit Geldern des Hauptstadtkulturfonds als wichtigstem Sponsor gerechnet. Doch im Haushaltsplan taucht der Posten nicht mehr auf. Das habe, so Senatssprecher Richard Meng, rechtliche Gründe. Der Hauptstadtkulturfonds dürfe seit geraumer Zeit nur noch Einzelprojekte fördern, nicht aber Institutionen auf regelmäßiger Basis.
autonom Das Festival, ursprünglich eine Veranstaltung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, deren Volkshochschule Nicola Galliner lange Jahre leitete, ist seit vergangenem Jahr autonom. Zu seinem 15. Geburtstag damals startete es mit neuen, ehrgeizigen Zielen. Nicht mehr nur das Berliner und Potsdamer Publikum sollte bedient werden; mit sechs Filmen ging das Festival auf Tour durch die Republik. Nürnberg, Leipzig, Köln, Freiburg, Saarbrücken und Hamburg waren die Stationen. Dieses Jahr sieht es so aus, als ob man froh sein kann, wenn neue jüdische Filme aus aller Welt vom 25. April bis 9. Mai wenigstens in der Hauptstadt zu sehen sein werden.
Die Macher und Freunde des Festivals wird es wenig trösten, dass sie mit ihren Problemen alles andere als alleine dastehen. Deutschlandweit wird in der Kulturförderung die Axt angesetzt. Betroffen sind meist kleine Institutionen, für die je-der fehlende Euro die Existenzfrage stellt, während große, glamouröse Häuser und Veranstaltungen weiter Millionen an öffentlichen Geldern erhalten. Dabei sind es gerade die kleineren, medial nicht so präsenten Kulturträger – ob jüdisch oder nicht – die als Innovatoren neue Akzente setzen. Doch für sie, die Geld wirklich brauchen und es oft auch wirklich verdienen würden, ist keines da. Kulturförderung paradox.