Schoa

Devisen für den Führer

Irena Strelow legt eine akribisch recherchierte Studie zur Raubkunst in deutschen Museen vor

von Olaf Glöckner  12.03.2018 20:02 Uhr

Anhand zweier Fallbeispiele beschreibt Strelow die »Verwertung« von Gemälden jüdischer Emigranten durch die Berliner Finanzbehörden. Foto: PR

Irena Strelow legt eine akribisch recherchierte Studie zur Raubkunst in deutschen Museen vor

von Olaf Glöckner  12.03.2018 20:02 Uhr

Innerhalb eines Jahres hat die Berliner Provenienzforscherin Irena Strelow zwei Bücher vorgelegt, die ebenso heikle wie wichtige Themen anpacken. Ging es im vergangenen Jahr noch um Nazi-Raubkunst in katholischen Kirchen, so nimmt die soeben erschienene Monografie nun die NS-Raubkunst in deutschen Museen in den Blick.

Anhand zweier Fallbeispiele beschreibt Strelow die systematische »Verwertung« von Kunstsammlungen jüdischer Emigranten durch die Berliner Finanzbehörden zwischen 1938 und 1945. Sowohl die Sammlung von Marie Busch, geborene Mendelssohn Bartholdy, als auch die wertvollsten Kunstobjekte des Warenhausbesitzers Georg Tietz wurden in einem über Jahre immer perfekter organisierten bürokratischen Prozess in Devisen für die Oberfinanzkasse umgewandelt.

Auktionen Gezielt hat die Autorin sich mit den Aktivitäten der Berliner Finanzbehörden auseinandergesetzt, die für den massenhaften Raub von Kunst- und Kulturgut verantwortlich waren. Ihre Ergebnisse widersprechen der beliebten Auffassung, bei Berliner Kunstversteigerungen durch Hans W. Lange habe es sich trotz NS-Diktatur um einen »freien Markt« gehandelt, wie auch dem Mythos, die von den Finanzbehörden verwerteten Kunstobjekte seien mehrheitlich in »private Hände« gelangt. Strelows Recherchen ergaben, dass die durch die Behörden hierarchisch organisierten Auktionen wohl mehr oder weniger »geschlossene Veranstaltungen« waren.

Besonders heikel: Die Staatlichen Museen konnten im Kontext der versteigerten Kunstsammlungen offenbar ordentlich profitieren und vorhandene Lücken in eigenen Sammlungen »preisgünstig« schließen, zumal die geraubten Werke weit unter ihrem tatsächlichen Wert gehandelt wurden. In anderen Fällen war es ihnen möglich, vorhandene Bestände in prestigeträchtiger Weise zu erweitern.

Irena Strelows System und Methode liest sich – obwohl es ein hoch relevantes und akribisch recherchiertes Fachbuch ist – nicht nur so spannend wie ein Krimi, es ist auch ein Appell an alle Institutionen, die wissenschaftlichen Recherchen um Nazi-Raubkunst nicht ausschließlich in den Händen staatlicher Institutionen zu belassen, wie es bisher – abgesehen von wenigen Ausnahmen – noch immer der Fall ist.

Irena Strelow: »System und Methode: NS-Raubkunst in deutschen Museen«. Hentrich & Hentrich, Berlin 2018, 180 S., 22 €

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  14.03.2025 Aktualisiert

Ausstellung

Chagalls fantastische Welten in Düsseldorf

Seine bunt-surreale Bildwelt fasziniert Menschen seit Jahrzehnten. Auch die dunkle Seite des jüdischen Malers rückt in den Fokus

 14.03.2025

K20 Kunstsammlung

Ungewöhnliche Werke von Marc Chagall in Düsseldorf zu sehen

Die Ausstellung mit 120 Werken beleuchtet Chagalls Auseinandersetzung mit Antisemitismus, Armut und Geschlechterrollen

von Nikolas Ender  13.03.2025

Liraz

Das Trillern der Utopie

Die israelische Sängerin ist stolz auf ihre persischen Wurzeln. In Europa kämpft sie mit Konzertabsagen

von Tilman Salomon  13.03.2025

Kino

Der Wandel des »Ka-Tzetnik«

Eine Doku widmet sich dem Schoa-Überlebenden Yehiel De-Nur und seiner Auseinandersetzung mit dem »Planeten Auschwitz«

von Dietmar Kanthak  13.03.2025

Kino

Bonhoeffers Vermächtnis »verfälscht und missbraucht«

In seinem umstrittenen Film stilisiert der amerikanische Regisseur Todd Komarnicki den Theologen und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer zu einer Erlöserfigur im Kampf gegen den nationalsozialistischen Terror

von Raimund Gerz  13.03.2025

Rechtsextremismus

Braune Musik verbreitet Hass: Rechtsrock in Deutschland

Rechtsextreme Musik trifft bei etlichen auf offene Ohren. Beobachter warnen: Die Rechtsrock-Szene blüht. Und sie kann ein »Türöffner« sein für rechtsextremistische Ideologien

von Alexander Lang  13.03.2025

Aufgegabelt

Hamantaschen mit Mohn

Rezepte und Leckeres

 13.03.2025

Pädagogik

Sicherheit vermitteln

Welche Herausforderungen der 7. Oktober mit sich bringt: Religionslehrer suchen Antworten auf schwierige Fragen beim jährlichen Treffen an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg

von Ayala Goldmann  14.03.2025 Aktualisiert