Herr Broder, Sie haben sich zusammen mit Ihrem Freund Hamed Abdel-Samad für die ARD wieder auf große Deutschland-Safari begeben. Die wichtigste Frage vorweg: Wird Wilma, Ihre Foxterrier-Hündin, wieder mit an Bord sein?
Hamed und ich würden niemals ohne Wilma losfahren. Sie ist der eigentliche Star der Sendung. Überall da, wo Wilma eine Kamera sieht, schaut sie sofort rein. Ich habe noch nie einen Hund gehabt, der dermaßen kamerageil gewesen wäre.
Worauf darf man sich sonst noch freuen?
Die zweite Staffel ist noch mal einen Zacken besser, schärfer und unterhaltsamer als die erste, weil Hamed und ich inzwischen ein eingespieltes Paar sind – ungefähr so wie Jack Lemmon und Walter Matthau. Zudem gibt es gleich in der ersten Folge eine atemberaubende Einstellung, in der Indira Weis im Bikini so wunderschön aus dem Wasser steigt, dass es schon Oscar-verdächtig ist.
Wie haben Sie Indira Weis bei den Dreharbeiten erlebt?
Sie sieht nicht nur rasend gut aus, sie ist in der Tat auch ein kluges Mädchen. Hat was in der Bluse und im Kopf, eine sehr angenehme und witzige Person. Mein Treffen mir ihr gehört zu den vielen Momenten in meinem Leben, in denen ich bedauerte, dass ich schon so alt bin – auch, wenn ich für die Zukunft nichts ausschließen will.
In der ersten Staffel haben Sie von tumben NPD-Funktionären bis zu ewiggestrigen DDR-Revisionisten so ziemlich jeden Spinner Deutschlands getroffen. Ließ sich das in der zweiten Staffel überhaupt noch toppen?
Ja, die Irren werden nicht alle. Eine Erkenntnis unserer Deutschland-Vermessung ist, dass man sich nur irgendwo hinstellen muss, um Verrückte zu treffen. In einem ostdeutschen Dorf trafen wir zufällig auf eine pensionierte Pastorin, die uns allen Ernstes davon überzeugen wollte, dass der Plural von »Judas« »Juden« ist. Nicht weniger verrückt waren die Verschwörungstheoretiker, die steif und fest behaupten, dass die Amerikaner hinter 9/11 stecken.
Welches Fazit ziehen Sie dieses Mal angesichts der Safari über Deutschland und die Deutschen?
Deutschland ist ein stinknormales Land. Rund 90 Prozent aller Deutschen sind normal, etwa zehn Prozent sind vollkommen durchgeknallt – aber auf die kommt es an. Erfreulich ist hingegen, wie Stätten des Horrors, beispielsweise der Obersalzberg, durch feiernde Jugendliche banalisiert werden. Ich muss sagen, das gefällt mir sehr.
In Ihrer Sendung zeigen Sie immer wieder auch Mut zur Geschmacklosigkeit. Worin besteht für Sie dabei der Reiz?
Geschmacklosigkeit ist für mich das Salz in der Suppe inmitten der allgegenwärtigen Political Correctness. Wenn die Menschen dermaßen gescheit, gescheitelt und gut angezogen wie Claus Kleber vor die Kamera treten, muss es auch einen wie mich geben, der sich nicht an die Regeln hält.
Befürchten Sie nicht, dass die Menschen Sie nicht mehr ernst nehmen, wenn Sie sich nach der »Deutschland-Safari« wieder seriösen Themen zuwenden?
Das ist mir wurscht. Wissen Sie, ich bin vor Kurzem 65 geworden, in diesem Alter fürchtet man nichts mehr, nicht einmal den Tod. Ich zwinge ja niemanden, meine Sachen zu lesen. Das Publikum hat’s gut, es kann sich seine Autoren aussuchen. Außerdem mag ich Leute, die mich nicht mögen. Die sind mein Kapital.
Mit dem Publizisten sprach Philipp Engel.
Entweder Broder – Die Deutschland-Safari, ARD, Montag,
12. September, 23.30 Uhr
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Henryk M. Broder wurde 1946 in Kattowitz geboren. Er kam 1958 mit den Eltern über Wien in die Bundesrepublik. In Köln studierte er Volkswirtschaft und Jura. Der später nicht nur von der Tageszeitung »Die Welt« als »berühmtester Polemiker unter Deutschlands Journalisten« apostrophierte Broder begann Ende der 60er-Jahre in Hamburg publizistisch zu arbeiten, wo er unter anderem für die »St. Pauli-Nachrichten«, in den 70er-Jahren auch für das Satiremagazin »Pardon« schrieb. 1981 verlegte er seinen Wohnsitz zeitweilig nach Jerusalem, weil er sich nicht länger mit dem Antisemitismus der deutschen Linken beschäftigen wollte. Er lebt in Berlin und schreibt für die »Welt«-Gruppe.