»Ein geborener Geschichtenerzähler« – so charakterisierte die amerikanische Verlegerin Jane Friedman einmal den Schriftsteller Noah Gordon. Hierzulande wurde er vor allem mit dem 1987 auf Deutsch erschienenen Historienroman Der Medicus bekannt. Das Buch entwickelte sich in Deutschland, wie auch in Spanien und anderorts, zum Bestseller, während es in Gordons Heimat, den Vereinigten Staaten, vergleichsweise wenig Anklang fand.
Geboren wurde Gordon am 11. November 1926 in Worcester, Massachusetts, in eine amerikanisch-jüdische Familie. Seinen Vornamen erhielt er im Andenken an den wenige Monate zuvor verstorbenen Großvater mütterlicherseits, Noah Melnikoff. Als Heranwachsender war Gordon von seiner Großfamilie und deren Erzählungen vom Leben im osteuropäischen Schtetl und den Mietskasernen New Yorks umgeben.
studium Seine Eltern wollten, dass er Medizin studiert. Doch Noah Gordon machte das Storytelling zum Beruf – ohne den Wunsch seiner Eltern vollständig zu ignorieren. Er studierte Journalistik und Kreatives Schreiben, arbeitete zunächst als Verlagslektor und ab 1959 als Redakteur beim »Boston Herald«.
Als Journalist schrieb Gordon vor allem über Wissenschaft und Medizin – er recherchierte auch in OP-Sälen und berichtete über Autopsien. Doch er wollte, wie auf Gordons Webseite zu lesen ist, nie den Traum aufgeben, ein ernst zu nehmender Romancier zu werden.
Seine Eltern wollten, dass er Medizin studiert.
Sein erster umfangreicher Roman, Der Rabbi, erschien 1965 und stand 26 Wochen lang auf der Bestsellerliste der »New York Times«. Das Buch habe er, erinnerte sich Gordon einst, aus seinen eigenen Erfahrungen als Mitglied einer amerikanisch-jüdischen Familie geschrieben. Es handelt von einer interkonfessionellen, jüdisch-christlichen Ehe und deren Konsequenzen im Amerika der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
1986 erschien mit dem Medicus der erste Teil einer Trilogie über den englischen Arzt und Heiler Rob Cole, der im 11. Jahrhundert bis nach Persien reist, wo »der berühmteste aller Ärzte« lehrt. Für den Roman recherchierte Gordon ausschließlich in Bibliotheken. Der Medicus verkaufte sich in Deutschland zeitweise genauso gut wie die Romane von Stephen King.
fanpost Die Erfolgsgeschichte setzte sich auch in Europa und Asien fort. Gordon berichtete einmal, dass er sogar Fanpost aus Ägypten und dem Iran erhielt, wo ein Guide ausländische Touristen an die im Roman erwähnten Orte führte. Einmal soll ihn sogar die Anfrage eines unautorisierten chinesischen Übersetzers erreicht haben, der sich nach einem jüdischen Begriff erkundigen wollte und die Chuzpe hatte, sich direkt an Gordon zu wenden.
Für den »Medicus« recherchierte Gordon ausschließlich in Bibliotheken.
Auch die Folgeromane Der Schamane (1992) und Die Erben des Medicus (1995) waren in Deutschland beliebt. So verwundert es nicht, dass Der Medicus 2013 von Ufa Cinema in Kooperation mit der ARD verfilmt wurde.
Die Ankündigung der Verfilmung findet sich auch auf Noah Gordons Webseite, deren letzte Aktualisierung aus dem Jahr 2011 stammt. Zuletzt wurde es ruhiger um den Bestsellerautor.
lebensabend Noah Gordon verbrachte seinen Lebensabend in einer Seniorenresidenz, wo er die von ihm und seiner Frau gestiftete Bibliothek betreute. Am 11. November beging er, wie es in einer Instagram-Mitteilung seiner Familie hieß, »mit viel Freude seinen 95. Geburtstag und war dankbar für das lange und fruchtbare Leben, das er gelebt hat«.
Am Montag ist Noah Gordon zu Hause gestorben. Seine Familie teilte mit: »Noahs Leben und Werk haben das Leben von Millionen von Lesern auf der ganzen Welt berührt. Sein Werk lebt weiter.«