Als Paul Newman Ende der 1950er Jahre auf den Leinwänden der Vereinigten Staaten auftauchte, da wehte der Geist der Auflehnung und des Widerstands schon durch die US-amerikanische Gesellschaft: Die Vätergeneration wurde infrage gestellt, Bürgerrechte eingefordert, die Jugend kehrte sich von rigiden moralischen Normen ab. Paul Newman, am 26. Januar 1925 geboren, war auch ein Kind seiner Zeit. Er hat in seinen Filmen immer wieder rebellische Helden verkörpert und Außenseiter dargestellt - auch solche, die auf die Zuschauer nicht sympathisch wirken.
Bekannt gemacht hat ihn 1957 das schwüle Südstaatendrama »Die Katze auf dem heißen Blechdach« nach Tennessee Williams. Da hat der 30-jährige Brick, den Newman spielt, die Rebellion quasi nach innen gekehrt, in Selbstzweifel, Selbstmitleid und Selbsthass. Schwer lastet die übergroße Vatergestalt auf ihm. Und dieser Patriarch heißt auch noch »Big Daddy«.
In »Haie der Großstadt« (1961) gibt er den Billardspieler »Fast« Eddie Felson. Er ist ein Querkopf, wenn auch ein charismatischer, der nach einem verlorenen Spiel gegen einen älteren Spieler in Selbstmitleid versackt. Und in »Der Unbeugsame« (1967) spielt er einen Soldaten, der zu zwei Jahren Arbeitslager verurteilt wird - weil er betrunken Parkuhren demoliert hat - und sich dort mit dem mächtigen Anführer der Häftlinge und den Wärtern anlegt.
Teil des Dreamteams
Wie zuvor Marlon Brando und James Dean hatte Newman Schauspiel am legendären »Actor’s Studio« von Lee Strasberg in New York studiert. Dort wurde den Studierenden das Einfühlungsvermögen in eine Rolle antrainiert. In den späten 1950er Jahren heiratete der mehrfache Vater seine zweite Ehefrau, die Schauspielerin Joanne Woodward. Die Ehe hielt bis zu Newmans Tod, außergewöhnlich im amerikanischen Filmbusiness.
Newmans produktivste Jahrzehnte waren sicherlich die 1960er und 1970er Jahre. Unter der Regie von Otto Preminger wirkte er bei »Exodus« mit, einem jüdischen Flüchtlingsdrama in der Zeit vor der Staatengründung Israels. Für Hitchcock verkörperte er in »Der zerrissene Vorhang« einen amerikanischen Spion in der DDR und in »Das war Roy Bean« und »Buffalo Bill und die Indianer« spielte Newman ziemlich abgedrehte Westernhelden.
Einer seiner größten Erfolge war der Spätwestern »Zwei Banditen« mit Newman als Butch Cassidy und Robert Redford als Sundance Kid, auch eine Geschichte über zwei Außenseiter, zwei Bankräuber. Die Überfälle fallen ihnen nicht mehr so leicht, die Technik ist kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert fortgeschritten, und Romantik kommt auch noch in Gestalt einer jungen Lehrerin ins Spiel. Paul Newman/Butch Cassidy auf dem Fahrrad zur Musik von »Raindrops keep falling on my head« von Burt Bacharach - das gehört sicherlich zu den ikonischen Szenen des Hollywood-Kinos der 60er Jahre. Und Newman und Redford waren so etwas wie das Dreamteam jener Jahre.
Persönliche Integrität
In »Die Farbe des Geldes« aus dem Jahr 1986 schlüpfte Newman, der selbst sechs Filme als Regisseur realisierte, noch einmal unter der Regie von Martin Scorsese in die Rolle des inzwischen gealterten und grau gewordenen Billardspielers Eddie Felson, der einen jungen Kollegen (Tom Cruise) trainiert. Das brachte ihm seinen einzigen Oscar ein, im Jahr 1987. Bereits ein Jahr zuvor hatte er einen Ehren-Oscar bekommen, für seine schauspielerischen Leistungen, aber auch für seine persönliche Integrität, wie es in der Begründung der Academy hieß.
Das spielt natürlich auf Newmans politisches und soziales Engagement an. Der Schauspieler, der oftmals daran zweifelte, ob sein Erfolg durch seine schauspielerischen Leistungen begründet war und nicht doch von seinem guten Aussehen und seinen strahlend blauen Augen kam, engagierte sich in der Bürgerrechtsbewegung und bei den Demokraten. Und er brachte Salat- und Barbecue-Saucen auf den Markt als Marke »Newman s Own«, deren Gewinne er komplett sozialen Projekten zur Verfügung stellte. Es sollen bis zu seinem Tod 250 Millionen Dollar gewesen sein.
Newmans letzter Kinofilm war »Road to Perdition« (2002) von Sam Mendes. Da gab er selbst in einer coolen Performance einen jener Patriarchen, gegen die er sich in seinen Filmen als jüngerer Mann aufgelehnt hatte, einen Mafioso in den frühen 1930er Jahren, der Ziehvater eines Auftragskillers (Tom Hanks). »Road to Perdition« variiert die Vater-Sohn-Beziehung, die so oft im Werk von Paul Newman vorkommt, und zitiert in dunklen und verregneten Bildern den Film Noir aus Hollywoods Glanzzeit. Ein großartiger Abschied.
»Größere Herausforderung«
Mit seinem alten Kumpel Robert Redford wollte er danach noch das Projekt »A Walk in the Woods« realisieren, doch Newman fühlte sich zu alt dafür. Am 26. September 2008 starb der Schauspieler im Alter von
83 Jahren.
Paul Newmans Mutter Theresa Garth war Katholikin, sein Vater Arthur Sigmund Newman Sohn ungarischer und polnischer Juden. In Interviews bezeichnete sich Paul Newman als Jude, denn ein solcher zu sein, sei »eine größere Herausforderung«. Im Laufe seines Lebens habe er gelernt, dass »Dir einige Wege nicht offen stehen, wenn Du Jude bist«.
Aus einer Studentenvereinigung wurde er aufgrund seiner jüdischen Herkunft ausgeschlossen. Bei der Navy kam es zu einem »blutigen Kampf« mit einem anderen Soldaten, der ihn antisemitisch beleidigt hatte. (mit ja)