Presse

»Der Text hätte nie erscheinen dürfen«

Alte Exemplare der »Thüringer Allgemeinen« und »Thüringischen Landeszeitung«, in denen der Text mit den betreffenden Äußerungen erschien. Foto: dpa

Konsequenzen nach Antisemitismus-Vorwurf: Nach scharfer Kritik an einer Festival-Rezension in der »Thüringer Allgemeinen« darf die Autorin für keine Zeitung der Funke Mediengruppe mehr schreiben.

»Die betreffende freie Autorin wird in keiner unserer Zeitungen wieder etwas publizieren«, sagte der Leiter der Funke-Unternehmenskommunikation, Tobias Korenke. Die »Thüringer Allgemeine« gehört zur in Essen ansässigen Funke-Gruppe.

Schuld Der Artikel »Mantra für den Frieden« erschien am 23. Juli in der »Thüringer Allgemeinen« (TA) und in der »Thüringische Landeszeitung«. Darin schrieb die freie Autorin Ursula Mielke über das Festival »Yiddish Summer Weimar« unter anderem: Der Festivalleiter Alan Bern profitiere von »humanitären Schulden aus dem Zweiten Weltkrieg«.

Nur deswegen siedele Bern das Ereignis nicht in »seinem großen, reichen Herkunftsland USA, sondern im kleinen Deutschland« an. Und führte weiter aus: »Künstlich muss man nichts, aber auch gar nichts am Leben erhalten.« Ob sie damit das Festival oder die jiddische Kultur meinte, blieb Kritikern zufolge offen.

Nach Kritik an dem Beitrag hatte sich der TA-Chefredakteur Johannes M. Fischer am vergangenen Donnerstag in seiner Kolumne »Die gläserne Redaktion« (online) bei seinen Lesern entschuldigt. »Anfang der Woche erschien in der Thüringer Allgemeinen ein Artikel mit antisemitischen Äußerungen. Er hätte nie erscheinen dürfen ...«, schrieb Fischer.

Die Autorin Mielke hatte nach Funke-Angaben seit etwa 20 Jahren für die »Thüringer Allgemeine«, die »Thüringische Landeszeitung« und die »Ostthüringer Zeitung« geschrieben, nahezu ausschließlich Musikrezensionen.

Fragen Wie es zu diesem Text gekommen ist, werde zurzeit in Gesprächen in und mit der Redaktion aufgeklärt, sagte Funke-Sprecher Korenke. Der Deutsche Journalisten-Verband sieht die Verantwortung bei der Redaktion. »Sich von der Autorin zu trennen ist zu einfach«, sagte DJV-Pressesprecher Hendrik Zörner. Die »Thüringer Allgemeine« solle offen legen, was schiefgelaufen sei.

Die Funke Mediengruppe mit Sitz in Essen gehört zu den größten Zeitungsverlagen in Deutschland. Zur Mediengruppe gehören neben den Regionalzeitungen in Thüringen unter anderem die »Berliner Morgenpost«, das »Hamburger Abendblatt« und die »Westdeutsche Allgemeine Zeitung«. epd

Kommentar

Bleibt stark, Emily, Romi und Doron!

Die drei jungen Frauen sind endlich in Israel. Emily Damari gab nach ihrer Freilassung ein Zeichen, das ihren Schmerz zeigt – aber viel mehr noch ihre Kraft

von Katrin Richter  19.01.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  19.01.2025

Meinung

Verrat an Frauen und an der Mitmenschlichkeit

Wie viele Fälle sadistischer Gewalt müssen noch nachgewiesen werden, damit die Welt endlich Mitgefühl mit den Opfern des 7. Oktober zeigen kann?

von Sarah Maria Sander  19.01.2025

Gedenkkultur

Virtuell zu Besuch bei Überlebenden des Holocaust

Es gibt immer weniger Schoa-Überlebende. Wie können ihre Erinnerungen weitergegeben werden? Ein neues Projekt setzt auf »Virtuelle Begegnungen«

von Michael Grau  19.01.2025

TV-Tipp

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Drama über einen jüdischen Belgier, der als angeblicher Perser in einem Konzentrationslager einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll

von Michael Ranze  19.01.2025

Doku

Über eine weitreichende Unwahrheit

»W. – was von der Lüge bleibt« (2020) nähert sich der Lebensgeschichte von Bruno Dösekker alias Wilkomirski, der die Identität eines Schoa-Überlebenden annahm

von Silvia Bahl  17.01.2025

Sehen!

»Traumnovelle«

Der Film arbeitet sich an den sieben anekdotischen Kapiteln der literarischen Vorlage von Arthur Schnitzler entlang

von Britta Schmeis  17.01.2025

Kino

»Wie eine Art Heimkehr«

Schauspielerin Jennifer Grey über den Film »A Real Pain« und Dreharbeiten in Polen

von Patrick Heidmann  16.01.2025

Nachruf

Der Soziologe und das »Gedächtnistheater«

Eine persönliche Erinnerung an Y. Michal Bodemann, der sich unter anderem mit Erinnerungspolitik in Deutschland beschäftigte

von Janine Cunea  16.01.2025