Als Ersatzkämpfer war der Israeli Ran Nakash (32) angereist. Als ein Berufsboxer, der sich für eine Zeit, die nicht unbedingt zwölf Runden dauern muss, dem deutschen WBO-Weltmeister im Cruisergewicht, Marco Huck (26), in den Weg stellen sollte. Und auf keinen Fall gewinnen durfte. In Boxerkreisen gibt es das abfällige Wort vom »Fallobst«, das für solche Kämpfer bemüht wird. Doch Ran Nakash aus Haifa hat am vergangenen Samstag im westfälischen Halle seine Chance genutzt, einem großen Publikum zu zeigen, dass der Mann, der im Hauptberuf Nahkampfausbilder der Zahal ist, wirklich gut boxen kann. Huck musste über die volle Distanz gehen und gewann zwar nach Punkten, hatte aber Kritik einzustecken. »Das war zu wenig von Huck«, monierte der deutsche Ex-Weltmeister Henry Maske. »Das war mehr eine Schlacht und weniger Boxen.«
Ran Nakash war der dritte israelische Boxer, der sich in den letzten Jahren einem WM-Kampf gestellt hat. Mit Erfolg tat das im November 2009 der in New York lebende Yuri Foreman, als er gegen Daniel Santos Superweltergewichts-Weltmeister des Verbandes WBA wurde. Nicht erfolgreich war Ende 2007 die israelische Boxerin Hagar Shmoulefeld Finer, die gegen die deutsche WIBF-Fliegengewichts-Weltmeisterin Regina Halmich verlor.
Herr Nakash, Glückwunsch zu dieser tollen Leistung. Sie haben Weltmeister Marco Huck von Anfang an unter Druck gesetzt, sind immer mutig nach vorne marschiert und haben ihn gezwungen, über die komplette Distanz von zwölf Runden zu gehen. Woher nehmen Sie diesen Willen und die Energie?
Ich bin einfach ein Kämpfer. Das ist mein Stil. Leider hat’s aber nicht gereicht. Das einzige Problem war, dass ich mich nicht länger speziell für diesen Kampf vorbereiten konnte. Wenn ich vorher für zwei Monate in ein Trainingscamp hätte gehen können, wäre es eine ganz andere Geschichte geworden.
Wann genau kam die Anfrage an Sie für diesen Kampf von Marco Hucks Management?
Erst zehn Tage vor dem Kampf.
Aber es heißt, Sie waren sowieso im Training, weil sie sich auf einen anderen Kampf vorbereiteten. Stimmt das?
Ja, ich wollte Ende April gegen einen anderen Gegner boxen. Aber das wäre kein Weltmeisterschaftskampf gewesen. Ich hätte mich doch ganz anders, viel intensiver vorbereitet, wenn ich früher gewusst hätte, dass ich diese WM-Chance gegen Huck bekomme.
Lag es nur an Ihrer kurzen Vorbereitungszeit, dass es heute nicht geklappt hat?
In den ersten vier Runden ist mein Konzept voll aufgegangen. Danach bin leider ein bisschen müde geworden und konnte mein hohes Tempo vom Anfang nicht mehr durchhalten.
Was halten Sie von Marco Huck?
Er ist ein kräftiger Bursche und er ist körperlich in einer guten Form. Aber aus meiner Sicht ist er kein großartiger Boxer. Wissen Sie, jeder in Deutschland hat doch erwartet, dass er mich nach zwei, drei Runden k.o. schlägt. Aber das hat er nicht. Er musste über alle zwölf Runden gehen. Das sagt alles.
Was denken Sie, wird Marco Huck lange Weltmeister bleiben?
Ich denke, er muss erneut gegen Steve Cunningham boxen, der ihm 2007 seine bisher einzige Niederlage beigebracht hat. Und danach sollte er wieder gegen mich antreten.
Sie hoffen also, dass Marco Huck ihnen noch einmal eine Chance gibt?
Ja, auf jeden Fall: »Huck - Nakash, zum Zweiten«.
Huck hat am Ende des Kampfs mit seiner Hand das Publikum angeheizt. Haben Sie den nötigen Respekt bei Huck vermisst?
Er hat meine Fäuste gespürt. Das reicht mir.
Was sagen Sie zu den deutschen Fans, die nach Halle/Westfalen gekommen sind?
Die deutschen Fans sind großartig. Ich bin gerne in Deutschland und bin schon zum dritten Mal hier. Ich liebe Deutschland.
Mit dem israelischen Profiboxer sprach Guido Wüstemann