Scheich Salih kann es nicht fassen: Dass der Schabbat in seiner Heimat Saudi-Arabien ab sofort ein arbeitsfreier Tag ist, erbittert den Kleriker zutiefst. Eine »Imitation von Juden und Christen«, wettert der Scheich per Fatwa: Die Entscheidung seiner Regierung, ausgerechnet den jüdischen Feiertag ins Wochenende seiner Angestellten zu integrieren, werde »den Zorn Allahs« heraufbeschwören.
Die Regierung in Riad dagegen rechtfertigt die neue Wochenendregelung mit den Zwängen der Globalisierung: Hatten die Saudis bisher donnerstags und freitags frei, wurde Ende Juni das Wochenende zum ersten Mal auf Freitag und Samstag verlegt.
Aus finanzmarkttechnischen Gründen, wie es hieß: Die saudische Börse sei bisher nur drei Wochentage geöffnet gewesen; zu wenig, um mit den globalen Märkten zu korrespondieren. Eine Lesart, die von Scheich Abdullah bin Solayman al-Menee, Mitglied der Sharia Board for Saudi Banking, gedeckt wird: Ein Wochenende, das den heiligen Freitag als Feiertag beibehalte, kollidiere nicht mit den Lehren des Islam, befindet der börsenaffine Gelehrte.
Finanzmarkt Doch warum sollte Scheich Salih – der es für unmöglich hält, mit Andersgläubigen freundschaftliche Beziehungen zu pflegen – dieser Argumentation seines Kollegen folgen? Wer wirklich hinter den internationalen Finanzmärkten steckt, ist doch hinreichend bekannt.
Zu Recht dürfte der islamische Kleriker sich überdies die Frage stellen: Wo soll das alles enden, wenn die saudischen Untertanen erst einmal auf den Geschmack gekommen sind? Werden die Einwohner des Königreichs nicht nur den Schabbat genießen wie die Juden, sondern womöglich auch noch den langen Fastenmonat Ramadan mit der Anzahl jüdischer Bußtage vergleichen – um zum Schluss zu kommen, dass sie mit maximal sechs Tagen ohne Essen (Jom Kippur, 17. Tamus, Tisha Be-Aw, 10. Tewet, Zom Gedalja und Taanit Ester) besser bedient wären? Die Folge könnte eine Massenkonversion zur jüdischen Religion sein – womöglich sogar ein Machtverzicht des Monarchen zugunsten des israelischen Oberrabbinats!
Interessant in diesem Zusammenhang ist vielleicht, dass Politiker des jüdischen Staates den freien Sonntag für alle Israelis propagieren, um das Wochenend-Gehetze von Freitagnachmittag bis Schabbatausgang durch wirkliche Erholung zu ersetzen.
Und in der israelischen Presse wurde unlängst gefordert, außerdem den »Balfour-Erklärungs-Tag«, den »Eurovisionstag«, den »Ben-Gurion-Geburtstag« und den »Schimon-Peres-Neuer-Naher-Osten-Tag« einzuführen. Zu viele neue Feiertage für die Saudis! Nicht ohne Grund wird sich Scheich Salih gesagt haben: Wehret den Anfängen!