Finale

Der Rest der Welt

Kürzlich ist in Bnei Brak ein Wunder geschehen. In einer orthodoxen Schule hatte sich in der Nacht der Boden aufgetan und die Hälfte eines Schulzimmers verschlungen. Am Morgen darauf sah es schrecklich aus. Wo normalerweise die Schulbänke gestanden hatten, klaffte nur noch ein schwarzes, gefräßiges Loch.

pfusch Die frommen Menschen in Bnei Brak konnten die Katastrophe zum Glück richtig einordnen: ein Wunder! Der Schlund hatte sich schließlich nicht tagsüber, während einer langweiligen Unterrichtsstunde, aufgetan – Gott behüte! –, sondern in der Nacht, wenn niemand mehr das Klassenzimmer betritt. Das zweite Wunder war, dass nicht gleich die ganze Schule in der Erde versank, sondern nur ein halbes Schulzimmer. Das Büro des Rektors bekam von der nächtlichen Party nicht mal einen Kratzer ab.

Von Amts wegen wird nun eine Untersuchung eingeleitet. Vermutlich war Pfusch am Bau die Ursache. Aber sogar, wenn sich herausstellen sollte, dass bei dem Schulgebäude keine Fundamente gesetzt, oder bei den Backsteinen Lehm mit Cornflakes gemischt wurden – ein Wunder bleibt ein Wunder!

Ich habe sehr lange über diese Geschichte nachgedacht. Ich neige leider zur Schwarzmalerei. Aber die beispielhafte Frömmigkeit der Menschen in Bnei Brak beeindruckt mich stark. Und seit ich ihre Denkweise ansatzweise übernehme, hat sich mein Puls fühlbar gesenkt.

gehaltszahlung Ein Beispiel: In Zürich gibt es eine orthodoxe Knabenschule. Mit dem Lehrergehalt dort verhält es sich ähnlich wie mit dem Julianischen Kalender: Beide sind immer verspätet. Kürzlich wurde in der Synagoge eine tolle Nachricht weitergereicht: Die Löhne für den Vorvormonat werden bald überwiesen. Ein Wunder!

Früher hätte ich anders reagiert. Ich sehe nämlich viele Eltern von Zöglingen dieser Schule in tollen Autos rumkurven. Für einen Mercedes mit allen Extras haben sie also Geld, dachte ich früher immer, aber beim Schulgeld, da geizen sie. Heute schäme ich mich für diese Gedanken.

Ein Wunder, zwei Wunder, viele Wunder mussten geschehen, damit diese Menschen ihre Kinder in schönen Autos zur Schule fahren können, obwohl sie so arm sind, dass sie die Lehrer ihrer Kinder nicht bezahlen können. Gott hatte Mitleid mit ihnen und zeigte sein Erbarmen in Form von dicken Oberklassewagen. Erst, wer das verstanden hat, darf mit Katja Ebstein singen: »Wunder gibt es immer wieder …«

Genf

Entscheidung gefällt: Israel bleibt im Eurovision Song Contest

Eine Mehrheit der 56 Mitgliedsländer in der European Broadcasting Union stellte sich am Donnerstag gegen den Ausschluss Israels. Nun wollen Länder wie Irland, Spanien und die Niederlande den Musikwettbewerb boykottieren

von Michael Thaidigsmann  04.12.2025

Medien

»Die Kritik trifft mich, entbehrt aber jeder Grundlage«

Sophie von der Tann wird heute mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt. Bislang schwieg sie zur scharfen Kritik an ihrer Arbeit. Doch jetzt antwortete die ARD-Journalistin ihren Kritikern

 04.12.2025

Antisemitismus

Schlechtes Zeugnis für deutsche Schulen

Rapper Ben Salomo schreibt über seine Erfahrungen mit judenfeindlichen Einstellungen im Bildungsbereich

von Eva M. Grünewald  04.12.2025

Literatur

Königin Esther beim Mossad

John Irvings neuer Roman dreht sich um eine Jüdin mit komplexer Geschichte

von Alexander Kluy  04.12.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter, Imanuel Marcus  04.12.2025

Show-Legende

Mr. Bojangles: Sammy Davis Jr. wäre 100 Jahre alt geworden

Er sang, tanzte, gab den Spaßmacher. Sammy Davis Jr. strebte nach Erfolg und bot dem Rassismus in den USA die Stirn. Der Mann aus Harlem gilt als eines der größten Showtalente

von Alexander Lang  04.12.2025

Preisvergabe

Charlotte Knobloch kritisiert Berichterstattung von Sophie von der Tann

Dass problematische Berichterstattung auch noch mit einem Preis ausgezeichnet werde, verschlage ihr die Sprache, sagt die Präsidentin der IKG München

 04.12.2025

Philosophie

Drang zur Tiefe

Auch 50 Jahre nach ihrem Tod entzieht sich das Denken Hannah Arendts einer klaren Einordnung

von Marcel Matthies  04.12.2025

Kulturbetrieb

»Wie lange will das politische Deutschland noch zusehen?«

Der Bundestagskulturausschuss hörte Experten zum Thema Antisemitismus an. Uneins war man sich vor allem bei der Frage, wie weit die Kunstfreiheit geht

von Michael Thaidigsmann  04.12.2025