Schwarze Rauchschwaden quellen aus der Küche. Ein feuchtes Taschentuch vors Gesicht pressend, arbeite ich mich vor bis zum Ofen und befördere den glühendheißen schwarz verkohlten Geburtstagskuchen in den Müll. Ich muss das Piepsen des Timers wohl überhört haben, während ich im Bad meine hochkomplizierte Mehrschicht-French Manicure linkerhand trocken geföhnt habe. Kann jedem mal passieren, oder? Seufzend mache ich mich an die dritte Kuchenausgabe.
Diesmal bewache ich den VIP-Kuchen – ist schließlich für die Geburtstagsparty meiner Zwillinge – mit Argusaugen durch die Glasscheibe des Backofens. Gerade als liebliche Kuchendüfte aus dem Ofen dringen, und mein Nagellack beinahe trocken ist, kommt mein Göttergatte hereingeschneit und bemerkt spitz: »Ist das etwa ein Nusskuchen da im Ofen? Du weißt, dass einige der Kinder darauf allergisch sind, gell? Und in die Crème bitte keine rohen Eier, wegen der Salmonellen.« Ich sehe rot.
Hochkompetent Ohne Rücksicht auf meine empfindliche Hochglanzmaniküre schmeiße ich den Nusskuchen in rotierendem Freifall aus dem Küchenfenster, und das ist der Moment, in dem mein Mann beschließt, die Geburtstagsplanung in professionelle Hände zu geben: Dieses Jahr werden hochkompetente Madrichim unsere Kinderparty in den Räumen der Bne Akiva organisieren, und sich unter der Leitung des legendären Rosch Schmuli Teitelbaum um alles kümmern. Eine Woche vor dem Geburststag erreicht mich eine SMS: Leider werden die Räume der Bne Akiva neu gestrichen, wir müssen in einen anderen Saal ausweichen. Sofort hänge ich mich ans Telefon und halte Schmuli Teitelbaum eine Philippika, die sich gewaschen hat. Daraufhin wird unsere Party kurzerhand in seinen Partykeller verlegt.
Am Tag der Tage versammelt sich dann auch eine erwartungsvolle Kindergartenschar am Hauseingang der Teitelbaumschen Villa. Von den Madrichim keine Spur. Ich klingele. Niemand öffnet. Ich klingele Sturm. Schließlich bewegt sich die schwere Eichenholztür, ein ungefähr 90-jähriger Butler in Livree versucht verzweifelt, drei bärbeißige, sabbernde, als Wachhunde getarnte Säbelzahntiger an der Leine zurückzuhalten.
Inzwischen haben die Kinder den gepflegten Vorgarten mit Brünnlein und Rosenpavillon entdeckt. Binnen kurzer Zeit sind alle durchweicht, der Rosenpavillon ist entblättert, der Rasen ruiniert. Irgendwann kommt auch ein Lieferwagen von Pomerantz Catering vorgefahren. Ein monumentaler Kuchen wird ausgeladen, darauf eine Schar Marzipan-Table-Tänzerinnen mit Strapsen aus Schoko-Kuvertüre, daneben steht in zuckersüßer Schrift »Happy Birthday, lieber Schmuli!«
Maccabi-Bier Mir ist inzwischen alles egal. Ich verfüttere den Kuchen an die hungrige Kindermeute, werfe den Wachhunden im Zwinger je ein rosafarbenes Marzipanbein hin; da taucht – einen schwankenden Turm Maccabi-Bierdosen vor sich hertragend – Schmuli Teitelbaum auf. Nach einem Blick auf das Inferno im Vorgarten nuschelt er etwas von »wohl im Datum geirrt. Will jemand ein Bier?«
Kurzerhand überlasse ich die 25 feuchten Kleinkinder im zerstörten Vorgarten Schmulis Obhut, packe meine sahneverschmierten Zwillinge in den Fiat Panda und ziehe ab. Im Rückspiegel beobachte ich meine Zwillinge, die mit begeistert glänzenden Augen, beide Hände voller Torte, die Party noch einmal Revue passieren lassen und beschließe Schmuli Teitelbaum, diesem Windbeutel, großmütig zu vergeben.