Laubhütten gibt es ja viele: schön geschmückte stehende, auf Balkonen irgendwie hängende, experimentelle mit dunkelgrüner Folie aus dem Baumarkt. Die eigenwilligste Sukka allerdings, die ich einmal gesehen habe, stand in einem Vorgarten eines Wohnhauses im Norden von Tel Aviv, in dem mein Bruder und ich während eines Besuches wohnten.
Eigentlich war sie auffallend schlicht: drei riesige Spannbettlaken, ein paar Etrogim aus Plastik und in der Mitte ein kleiner Tisch. Daneben nur ein Stuhl mit dünnen Metallbeinen und einer aufgeplatzten Sitzfläche aus wettergegerbtem Kunstleder. Alle anderen Sukkot in diesem Viertel waren prächtiger, die Tische waren größer, die Stühle waren aus richtigem Kunststoff, manche hatten sogar kleine gehäkelte Tischdecken.
Warum mir aber gerade diese Sukka in ihrer Schlichtheit im Nachhinein so lebendig im Gedächtnis blieb, zeigte sich eines späten Abends. Wir wollten eigentlich nur kurz in unser temporäres Zuhause, um ein Mitbringsel für unsere Freunde zu holen, als mein Blick auf eine recht große Katze fiel, die es sich auf dem klapprigen Stuhl bequem gemacht hatte.
Sie hatte langes Fell und saß da wie Katzen nun einmal dasitzen, wenn die Laune zwischen genervt und angewidert schwankt: die Pfoten ineinander verschlungen, die Augen tief geschlossen. Was für ein Bild: eine Katze in der Sukka! Sie schien niemand anderen in »ihr« Zelt zu lassen. Alle Versuche, sich der Mieze zu nähern, wurden mit aufgestelltem Fell, hangelnden Pfoten und sogar einmal mit einem tiefen und nörgeligen Miau quittiert. Kein Zutritt für Menschen. Oder vielleicht doch?
Früher oder später geben alle Katzen nach, die Frage war nur, welche Leckerlis sie mochte. Die billigen aus dem »Späti« um die Ecke waren es jedenfalls nicht. Auch nicht das Nassfutter einer bekannten internationalen Marke. Abend für Abend saß die Katze auf dem Stuhl, in der Nacht legte sie sich lang auf den Tisch, aber die Näpfe, die rührte sie nicht an. Sie waren zwar leer, allerdings hatten sich andere Miezen ohne eigene Sukka darüber hergemacht.
Arba Minim
Zu den vielen Traditionen und Symbolen des Sukkotfestes gehört der Lulav, der Feststrauß, gebunden aus den sogenannten Arba Minim, vier sehr unterschiedlichen Pflanzenarten
Irgendwann, es muss wohl in diesem Bioladen gewesen sein, der gleich um die Ecke war, stand ich vor dem kleinen Regal mit Katzenfutter und hielt mir beim Preis für eine 500-Gramm-Packung Vollwertfutter oder so etwas Ähnliches kurz die Augen zu (mein Bruder tippte sich an seine Stirn, er meinte aber mich), als ich sah, wie der Mann, der auch in dem Haus wohnte, mit allerlei Hühnchenfleisch an der Kasse stand. Er muss ziemlich viel ausgegeben haben, denn die Zahl zu hören, überstieg meine Hebräisch-Kenntnisse.
Später wurde mir dann klar, warum popeliges Trockenfutter und Nassfutter aus der Schale das Tier so komplett gar nicht interessierten: Die Katze saß im Vorgarten – auf dem Boden –, aß das frische Hühnchenfleisch und hüpfte danach auf den Stuhl. In »ihre« Sukka kam nur sie. Eines aber war mir mal wieder klar: Was ich auch tat – es war alles für die Katz!