EILMELDUNG! Internationaler Strafgerichtshof erlässt Haftbefehl gegen Israels Premier Netanjahu

Glosse

Der Rest der Welt

Foto: Getty Images

Eigentlich wollte ich diese Woche dem Eis am Stiel eine kleine Ode widmen. Der Anfang war bereits ausformuliert. Der Inhalt stand, zumindest in meinem Kopf. Es war naheliegend, denn ich war mit meiner Familie im Urlaub. Und wo, wenn nicht im Urlaub, sind Glida, Ice Cream oder Gelato in vielerlei Situationen überlebenswichtig. Ich lag also auf einem Liegestuhl an einem schönen Strand und ließ meine Gedanken nicht nur übers Meer, sondern auch übers Eis gleiten.

Als ich meinen Kopf für einen kurzen Moment nach links drehte, bemerkte ich eine Familie. Sie kam aus Großbritannien, der mir so vertraute wie von mir über alles geliebte britische Akzent war unüberhörbar.

Eine Mutter, ein Vater und zwei Mädchen. Das eine vielleicht acht oder zehn. Das andere vermutlich älter, aber unmöglich einzuschätzen. Es lag auf dem Liegestuhl, trug seine Sonnenbrille etwas schief und konnte sich nur mit der Hilfe der Mutter bewegen.

Es war sichtlich schwer, die Mutter benötigte viel Kraft, das Kind in die rechte Position zu rücken. Aber die Mutter führte diese Bewegung mit der größten Selbstverständlichkeit aus. Genauso wie sie der Tochter später mit einem Plastiklöffel ihren Brei zu essen gab, genauso wie sie sie wickelte. Etwas später gingen die beiden mithilfe einer speziellen Vorrichtung für Menschen, denen das Gehen am Strand Mühe bereitet, ins Meer. Zehn Minuten Sonnenbad, zehn Minuten Freiheit. Als die Mutter und die Tochter zurückkamen, lächelte die Mutter. Das Kind zeigte keine Rührung.

Es war kein Hauch von Schwere zu beobachten, kein Seufzer zu bemerken, keine Sekunde des Sich-Beklagens oder des Mitleids.

Das Familienleben ging weiter, die Jüngere der beiden baute Sandburgen, der Vater assistierte. Diese Familie faszinierte mich. Vor allem der Umstand, mit welch großer Hingabe sich die Mutter um das Mädchen kümmerte. Weshalb sollte sie es auch anders tun? Es war kein Hauch von Schwere zu beobachten, kein Seufzer zu bemerken, keine Sekunde des Sich-Beklagens oder des Mitleids.

Es war einfach normal. Das Kind mit der Einschränkung war in deren Zentrum, und gleichzeitig hatte jeder seinen Platz. Natürlich sieht man in solchen Situationen nicht in die Menschen hinein. Man kennt ihre Sorgen und ihren Kummer nicht. Aber an diesem heißen Tag am Strand war nur der Moment zu erleben. Die Hitze, der Sand, das Salz. Und die Würde dieser Familie, wie sie ein Kind, das unsere Gesellschaft so oft ausschließt, in ihrer Mitte trug.

Es war zutiefst berührend und bewundernswert zugleich. Meine eigenen Kinder riefen mich. Wir gingen ins Meer. Unser Familienurlaubsalltag war wieder mein Epizentrum. Und das Eis am Stiel. Worüber ich ein anderes Mal schreibe. Versprochen.

Veranstaltungen

Sehen. Hören. Hingehen.

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 21. November bis zum 28. November

 21.11.2024

Liedermacher

Wolf Biermann: Ein gutes Lied ist zeitlos gut

Er irre sich zuweilen, gehöre habe nicht zu den »irrsten Irrern«, sagt der Liedermacher

 21.11.2024

Nachruf

Meister des Figurativen

Mit Frank Auerbach hat die Welt einen der bedeutendsten Künstler der Nachkriegsmoderne verloren

von Sebastian C. Strenger  21.11.2024

Berlin

Ausstellung zu Nan Goldin: Gaza-Haltung sorgt für Streit

Eine Ausstellung würdigt das Lebenswerk der Künstlerin. Vor der Eröffnung entbrennt eine Debatte

von Sabrina Szameitat  21.11.2024

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 21.11.2024

Fachtagung

»Kulturelle Intifada«

Seit dem 7. Oktober ist es für jüdische Künstler sehr schwierig geworden. Damit beschäftigte sich jetzt eine Tagung

von Leticia Witte  20.11.2024

Meinung

Maria und Jesus waren keine Palästinenser. Sie waren Juden

Gegen den Netflix-Spielfilm »Mary« läuft eine neue Boykottkampagne

von Jacques Abramowicz  20.11.2024

Berlin

Von Herzl bis heute

Drei Tage lang erkundet eine Tagung, wie der Zionismus entstand und was er für die jüdische Gemeinschaft weltweit bedeutet

 20.11.2024

Antisemitismus

»Verschobener Diskurs«

Nina Keller-Kemmerer über den Umgang der Justiz mit Judenhass und die Bundestagsresolution

von Ayala Goldmann  20.11.2024