Team Katze oder Team Hund? Diese tierische Gretchenfrage stellt sich mir fast jeden dritten Morgen, wenn ich mir in einem meiner beiden Lieblingscafés einen Flat White hole. Denn die Belegschaft dort freut sich über das Trinkgeld, das die Kunden entweder in den Becher mit der Aufschrift »Team Katze« oder »Team Hund« werfen können. Die Antwort versteht sich – zumindest bei mir – von selbst: Team Katze.
Wer könnte die eigensinnigen vierpfotigen Schnurrer denn nicht mögen, auch wenn sie einen 90 Prozent des Tages komplett ignorieren? Viele Jahre hatte ich selbst einen Kater, Herr Elvis hieß er, er mochte Joghurt und wurde 15 Jahre alt. Ich fand ihn im Hinterhof, er las sich als König mit Allüren – besonders, wenn es ums Futter ging. Er probierte in einem Versuch für diese Zeitung sogar einmal koscheres Futter aus – ich habe es dann vom Teppich weggewischt.
Wieso erzähle ich das alles? Nicht nur, weil am 8. August Weltkatzentag ist, sondern auch, weil diese Tiere seit gut zwei Wochen auch politisch sind – und zwar ausgerechnet im amerikanischen Wahlkampf. Denn das Internet, das nicht vergisst, erbrach, wie damals mein Kater so viele Büchsen Katzenfutter, die Aussage des vom republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump auserwählten Vizes, James David Vance, poppig JD Vance, der 2021 in einem Interview mit dem damaligen Fox-News-Moderator Tucker Carlson Frauen ohne Kinder – wie Jetzt-Vizepräsidentin Kamala Harris – »kinderlose Katzenladys« nannte, »die in ihrem eigenen Leben und den Entscheidungen, die sie getroffen haben, unglücklich sind und deshalb auch den Rest des Landes unglücklich machen wollen«.
Woher soll JD auch wissen, was Sensibilität, Intelligenz und Kultur bedeuten?
Ja, das saß erst einmal und stieß auf mehreren Ebenen Frauen ohne Kinder – aber mit Katzen – vor den Kopf. Dass so etwas unsensibel ist, dumm und unkultiviert, ist klar. Aber woher soll JD auch wissen, was Sensibilität, Intelligenz und Kultur bedeuten? Woher soll er wissen, dass es ziemlich viele – nie besonders schöne – Gründe dafür gibt, dass Frauen keine Kinder bekommen? Was ist nur schiefgelaufen bei dem 40-Jährigen, dass er noch in seinen 30ern die mittelalterlichsten Stereotype – Frauen mit Katzen und Unglück – aus der Kiste holt?
Vielleicht sollte er mal lesen. Das hilft bekanntlich gegen Dummheit. Die Katze des Rabbiners von Joann Sfar zum Beispiel oder Das große Buch von Kater Mog von Judith Kerr. Noch besser: Kremer ha Chatul von Meir Shalev. Oder Jewish Cats All Year Round, ein Buch von Varda Livney für Kinder von sechs Monaten bis zwei Jahren aus der PJ Library. Er kann auch nach Tel Aviv fliegen und die vielen Freiwilligen beim Katzenfüttern und bei Tierarztbesuchen unterstützen. Und vielleicht möchte er bei dieser Gelegenheit gleich mit israelischen Fertilitätsexpertinnen und -experten sprechen, die ihm erklären, dass Kinderlosigkeit nichts, rein gar nichts über die Menschen aussagt, die davon betroffen sind.
Oder JD geht einfach in ein Tierheim in seiner Nähe und schafft sich zwei Katzen an. Das Schnurren soll ja nicht nur den Blutdruck senken, sondern selbst die herzlosesten Menschen friedlicher werden lassen.