Es wird immer wieder behauptet, Frauen seien Meisterinnen im Multitasking, während Männer sich nur auf eine einzige Aufgabe konzentrieren könnten. Der Neuropsychologe Lutz Jäncke von der Universität Zürich hat dieses Gerücht in einer Studie widerlegt: Unabhängig vom Geschlecht eigne sich das menschliche Gehirn nicht dafür, mehrere Reize gleichzeitig zu verarbeiten.
Schade, dass ich diese Studie nicht kannte, als ich neulich mit einem Mietwagen in Israel unterwegs war. Um neun Uhr drehte ich das Radio auf. Der Moderator von »Galei Zahal« interviewte Naama Lazimi, Knessetabgeordnete der Arbeitspartei. Die Parlamentarierin hatte bei einem Protest gegen die Regierung angeblich den Ayalon-Highway in Tel Aviv blockiert – aber auch ein Stück Holz auf ein Lagerfeuer gelegt, das mitten auf der Straße brannte.
Nun sah sie sich mit polizeilichen Ermittlungen konfrontiert – und verkündete, sie werde sich nicht einschüchtern lassen. Die Geschichte war spannend. Plötzlich knallte es: Ich war auf ein Auto aufgefahren.
Mehr als Blechschaden ist nicht entstanden. Aber der Ärger!
Mehr als Blechschaden ist nicht entstanden. Aber der Ärger! Natürlich habe ich mich bei der Fahrerin des anderen Autos sofort entschuldigt und mich mit ihr auf WhatsApp vernetzt. Dann hielt ein dritter Autofahrer an und beschwerte sich, wieso wir die Kreuzung blockierten. Zum Glück hatte die Unfallgegnerin einen dringenden Termin und verzichtete auf die Polizei.
Meine neue WhatsApp-Freundin meldete sich sofort
Ich parkte das Auto in einer Nebenstraße und rief einen israelischen Freund an. »Sag doch einfach, sie hat plötzlich gebremst«, meinte der Israeli. »Bist du verrückt?«, sagte ich, »ich kann nicht gut lügen.« Ich fuhr weiter nach Herzliya. Am Strand sah ich, dass meine neue WhatsApp-Freundin mir schon eine Nachricht geschickt hatte und Fotos von Personalausweis und Führerschein anforderte.
»Schick ihr alles, das ist für die Versicherung«, sagte der Freund. Ich tat, wie mir geraten wurde, und rief die Mietwagenfirma an. Irgendwann erreichte ich einen desinteressierten Mitarbeiter, der mir mitteilte, ich hätte ein Formular auszufüllen. War damit alles erledigt? Die nächsten Tage fürchtete ich mich vor jeder Nachricht bei WhatsApp. Zum Glück hat die Unfallgegnerin nur noch einmal geschrieben.
Bei all dem Stress hatte ich keine Kapazitäten mehr, mich vor einem iranischen Angriff zu ängstigen.
Ein Gutes hatte die Sache allerdings: Bei all dem Stress hatte ich keine Kapazitäten mehr, mich vor einem iranischen Angriff zu ängstigen. »Bist du in Sicherheit?«, schrieb mir ein Freund aus Deutschland am 2. April auf WhatsApp. »Wieso, was ist denn jetzt schon wieder passiert?«, schrieb ich zurück. »Viele Grüße vom Toten Meer!« Da war ich übers Wochenende mit einer Freundin – mit ihrem Auto. Für die restlichen Tage meines Israel-Besuchs bin ich auf den Bus umgestiegen.
Und nun schätze ich mich glücklich, keine anderen Sorgen zu haben als die Selbstbeteiligung (2000 Schekel, also 500 Euro), die ich bei der Mietwagenfirma leider ausgeschlossen hatte. Eine Entscheidung, von der ich allen abraten möchte, die sich in Israel ein Auto leihen. Denken Sie daran: Auf den Straßen im Heiligen Land sind Leute wie ich unterwegs. Und eine Menge Männer, die beim Autofahren Radio hören.