Hamantaschen mit rosa Streuseln, Hamantaschen aus Blätterteig mit Balsamico-Erdbeer-Reduktion, Hamantaschen mit Pudding – Purim ist zwar erst Ende März, aber seit gefühlt 24 Stunden nach dem letzten Chanukka-Tag quillt mein Instagram-Feed über mit Vorschlägen, wie man nicht nur die allerbesten, sondern auch die allerausgefallensten Hamantaschen backen kann.
Zugegeben, ich folge ziemlich vielen Foodie-Accounts, aber jetzt einmal ehrlich: Ein bisschen Zeit ist doch noch, bis man sich über die zu heiß gebackenen Mürbeteig- und die zu buttrigen und damit geschmolzenen Oznei Haman ärgern kann. Oder finden Sie nicht? Warum muss, sobald die Kartoffelreibe abgewaschen und die leeren Ölflaschen weggeworfen sind, die Küche eigentlich schon für den nächsten Feiertag fertig gemacht werden? Die Antwort gebe ich mir direkt selbst: weil auch in der Kaufhalle nach Weihnachten sofort Ostern beginnt und danach irgendwas mit Kürbissen.
Wobei wir direkt beim Thema wären. Hamantaschen mit Kürbisfüllung habe ich erst kürzlich in meinem Feed gesehen. Irgendwie klingt es gut, irgendwie seltsam, irgendwie frage ich mich: warum? Egal: Für ein Foto zumindest wäre das orangene Püree toll. Noch ein paar Nigella-Samen auf die blassgoldenen Taschen geben, dann die richtige Stelle auf dem Dielenboden – die, auf die die Hinterhofsonne zehn Minuten so schön scheint – suchen, den auf alt gemachten Teller mit den leidlich gebackenen Teilen darauf stellen, und den Rest erledigt die Bildbearbeitung.
Man nehme: drei Striche nach links, um die Helligkeit zu reduzieren, zehn nach rechts, um die Wärme zu erhöhen, einen Hauch Sättigung, Vignette nach Geschmack, und wer es besonders mag: Tilt-Shift. Nach 20 Minuten (inklusive ein wenig herumexperimentieren) sollten die Kürbis-Nigella-Samen-Hamantaschen fertig sein. Sie sehen toll aus. Wie sie schmecken? Keine Ahnung! Und es interessiert ja sowieso niemanden, oder doch?
Ich ärgere mich jedenfalls in diesem Jahr nicht über mein schwieriges Verhältnis zum richtigen Mürbeteig. Ich nehme fertigen Teig aus dem Kühlregal. Die Kollegen im Büro essen sowieso alles, und zu Hause würden sich alle eher Pastrami-Hamantaschen mit Wurstfüllung (oh, vielleicht sollte ich danach direkt einmal suchen …) als süße Taschen wünschen.
Der fertige Teig enttäuscht nicht. Er zerläuft nicht, er verbrennt (theoretisch) nicht, er ist praktisch aufgerollt – und mal abgesehen von den vielen E-Stoffen sind auch nur Butter, Ei und Mehl drin. Ach so, und Palmfett und Stabilisatoren. Und was? Kann Spuren wovon enthalten? Auweia … ja, aber er ist aufgerollt, schmeckt und basta! Noch habe ich außerdem gute drei Wochen Zeit, um den perfekten Mürbeteig zu üben. Die Füllung, die mache ich allerdings selbst – und natürlich ganz unklassisch: süße Aprikosenmarmelade mit Kokosraspeln und fein gehackten Mandeln. Meine Hamantaschen sehen vielleicht nicht so fancy aus wie die Nigella-Samen-Teile, aber: Sie schmecken! Fragen Sie meine Kollegen.