Kürzlich ging mein Mobiltelefon kaputt. Auf dem Display erschien eine Meldung. Ich weiß nicht mehr, worum es ging. Ich musste mit Ja oder Nein antworten. Ich bin kein Technikfreak. Also habe ich mit Ja geantwortet. Dann ploppte wieder eine Frage auf. Ich schrieb: »Ja«, dann nochmals dreimal »ja, ja, ja.«
Seitdem ist alles futsch. Immerhin, der Wecker, der funktioniert noch. Ich bin nun ziemlich aufgeschmissen, denn Festnetz habe ich schon seit Jahren keines. Wer etwas von mir will, muss nun unten an der Tür klingeln. Das geht noch.
wunder Jeden Morgen schalte ich mein Mobiltelefon an und hoffe, dass es plötzlich wieder funktioniert. Ich weiß nicht, ob ich Wunder verdient habe, darum habe ich mit dem lieben Gott einen Deal abgeschlossen: Wenn das Gerät wieder geht, werde ich nie wieder »Laschon hara« sprechen, also keine üble Nachrede. Wir sind noch in Verhandlungen.
Dass mich Leute nicht mehr anrufen können, ist eigentlich gar nicht so schlimm. Meistens ist es ohnehin meine Frau, die mich wegen irgendetwas anbellt. Schlimmer ist, dass ich in der Straßenbahn nichts mehr zu tun habe. Alle Menschen machen irgendetwas mit ihren Mobiltelefonen. Ausnahmen sind Rentner. Ich bin aber erst 46 Jahre alt! Ich spiele nun ein bisschen mit der Weckerfunktion, mit der Lautstärke und dem Klingelton.
Dass mich Leute nicht mehr anrufen können, ist eigentlich gar nicht so schlimm. Meistens ist es ohnehin meine Frau, die mich wegen irgendetwas anbellt.
Ich lasse den Wecker klingeln, der sich wie ein Anruf anhört. Ich schalte ihn ab und spreche laut: »Thomas, das Meeting müssen wir auf drei Uhr verschieben. Ich muss noch einen Merger abschließen.«
strassenbahn Zufrieden gucke ich in der Straßenbahn herum. Haben das alle mitbekommen? Diesmal lasse ich den Wecker auf höchste Lautstärke brüllen. Ich nestle in der Hosentasche herum. Wo ist denn schon wieder mein Gerät? »Hallo, Angie, hat dich der Chef gebrieft? Hallo, ich höre dich jetzt ganz schlecht. Sag Mike, dass ich sein Memo erhalten habe. Okay, bye!« Weil der Wecker so laut war, haben nun auch alle meine Konversation mitbekommen.
Nein, unbegabt bin ich nicht. Ich kann so etwas wirklich gut. Das habe ich alles auf der Jeschiwa gelernt. Beim Morgengebet habe ich immer so getan, als würde ich gerade mein Herz ausschütten, und den Oberkörper wie wild hin und her gedreht.
Und beim Lehrvortrag des weisen Rabbi Feldmann habe ich den Ausführungen stets nachdenklich zugestimmt. Richtig, Rabbi Feldmann, das habe ich mir bei dieser Textstelle auch gedacht. Damals habe ich … oh, Entschuldigung, Angie ruft gerade an. Wahrscheinlich geht es um die Hotelübernachtung. Ich melde mich wieder.