Ist ja klar: Israel lenkt die Geschicke der Welt. Ob in der Außenpolitik der USA, der öffentlichen Meinung in Deutschland oder bei so ziemlich jedem Machtwechsel im Nahen Osten in den vergangenen sieben Dekaden: Überall setzt der winzige Staat am Mittelmeer auf ominöse Art und Weise seine Interessen durch.
Seine Mittel umfassen den allgegenwärtigen Geheimdienst Mossad, die Antisemitismus-Keule, die gegen jeden geschwungen wird, der es wagt, den jüdischen Staat zu kritisieren, ein von seinen verbündeten Nationen gepampertes Militär und natürlich das grenzenlose Machtstreben der Jud… äh, der Zionisten.
phantasma Immer, wenn von dem großen internationalen Einfluss Israels die Rede ist, wittere ich erst einmal intuitiv eine Neuauflage des Phantasmas von der jüdischen Weltverschwörung.
Entsprechend skeptisch war jüngst meine erste Reaktion auf ein Ranking des politischen Magazins »U.S. News & World Report«. Dort landete das kleine Land nämlich auf Platz zehn der mächtigsten Staaten der Welt. Sollte ich, als Freund Israels, das jetzt gut finden? Immerhin könnte es Wasser auf die Mühlen derjenigen sein, die hinter jedem Coup dʼÉtat, jedem gesunkenen Öltanker und jedem umgefallenen Sack Reis den langen Arm Israels vermuten. Und ist es nicht tatsächlich verdächtig, wenn das Neun-Millionen-Einwohner-Land in einem Atemzug mit der Weltmacht USA (Platz 1), dem aufstrebenden China (Platz 2) oder dem Wirtschaftsriesen Japan (Platz 8) genannt wird?
Die Erfahrung zeigt, dass man Menschen nur selten von ihrer Israel-Obsession abbringen kann.
In dem Ranking werden Israel unter anderem ein »starkes Militär« und bedeutende »internationale Allianzen« attestiert. Das wiederum sollte eigentlich eine gute Nachricht für alle sein, denen am Fortbestand des einzigen jüdischen Staates gelegen ist. Denn war das nicht die Idee hinter der Gründung Israels? Ein eigenes Land mit einer eigenen Armee, die im Notfall das jüdische Volk vor denjenigen verteidigen kann, die seine Vernichtung wollen!
iran Und diese wünschen sich leider auch heute noch manche – etwa der bis an die Zähne bewaffnete Iran. Vor diesem Hintergrund ist es eine echte Erleichterung, dass es der Iran nur auf Platz 18 der mächtigsten Staaten geschafft hat – und das trotz einer zehnmal größeren Bevölkerung als sein imaginierter Erzfeind.
Ein anderes muslimisches Land hat es im Ranking dagegen sogar noch vor Israel geschafft: Die Vereinigten Arabischen Emirate belegen den neunten Platz. Das ist in doppelter Hinsicht begrüßenswert. Erstens sind die Emirate mittlerweile ein enger Partner Israels. Zweitens könnte es diejenigen, die von einem übermächtigen jüdischen Staat fantasieren, irritieren, dass ein arabisches Land noch einflussreicher als dieser sein soll.
Andererseits zeigt die Erfahrung, dass man Menschen nur selten von ihrer Israel-Obsession abbringen kann. Das kann vermutlich nicht einmal der zehntmächtigste Staat der Welt mit all seinem Einfluss bewirken.