Glosse

Der Rest der Welt

Wuff ... Foto: Getty Images

Mein liebstes Hobby sind Briefmarken. Es gibt nichts Schöneres, als diese kleinen Wertzeichen unter der Lupe zu studieren und wieder ins Album zu stecken. Vor ein paar Tagen habe ich meine Sammlung komplettiert: Schweizer Briefmarken zwischen 1960 und 2010.

Wertvoll ist die Sammlung nicht. Aber zu jeder Briefmarke fällt mir eine kleine Anekdote ein. Nur hört mir niemand zu. Briefmarkensammeln ist ein einsames Hobby geworden. Früher, da wurde noch auf dem Pausenplatz getauscht. Ich sage immer: Briefmarken erweitern den Horizont. Woher sonst wüsste ich zum Beispiel, dass der Schweizerische Klub der Berner Sennenhunde 2007 sein hundertjähriges Jubiläum feierte?

Medien Ich muss auch nicht bei Wikipedia nachschauen, wann der Internationale Mathematikerkongress in Zürich stattfand. Das war im Jahr 1994. Meine Briefmarken wissen alles. Leider gibt es immer wieder Menschen, die den Juden alles unterstellen. Sie würden die Hochfinanz und die Medien regieren. Die Forschung, der Weltfrieden, der Hunger auf der Erde; alles hänge irgendwie mit den Juden zusammen.

Auf die schweizerischen Briefmarken haben die Juden gar keinen Einfluss. Zumindest nicht im Zeitraum von 1960 bis 2010. Das bedauere ich natürlich. Für Berner Sennenhunde und Mathematikerkongresse wurden in der Schweiz Briefmarken hergestellt. Flora und Fauna sind ebenfalls gut vertreten. Alte Kirchen sowieso.

Leider gibt es keine Briefmarken mit jüdischen Symbolen. Zum Beispiel Synagogen oder Beschneidungsmesser. Albert Einstein ist die einzige jüdische Person, die in der Schweiz mit zwei Marken verewigt wurde (1972 und 2005).

Bernhardiner Im Unterschied zu den Juden sind es eher die Hunde, die die Schweizer Briefmarken regieren. 1983 kam eine Hunde-Briefmarke heraus: Dürrbächler, ein Laufhund. Einfach so, ohne Jubiläumsanlass. 1989 kam dann der Bernhardiner groß heraus, vier Jahre später wieder ein Hund. 2000 nochmals ein Bernhardiner. Diese Briefmarke war dann so beliebt, dass sie sieben Jahre später wieder aufgelegt wurde.

Man ist natürlich schnell geneigt, Antisemitismus hinter solchen Entscheidungen zu wittern. Ich rate aber davon ab. Speziell in diesem Fall. Man kann es ja auch zum Guten deuten: Schweizer Juden sind nichts Besonderes, sie zählen einfach zur Gesellschaft.

Wer aber immer noch aufgebracht ist, kann mittlerweile selbst Schweizer Briefmarken herstellen. Ein Drucker und Etikettenpapier, mehr braucht es nicht. Ich hätte gern ein Exemplar zugeschickt. Toda raba.

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  21.04.2025

Sehen!

»Die Passagierin«

Am Deutschen Nationaltheater in Weimar ist eine der intelligentesten Nachinszenierungen von Mieczyslaw Weinbergs Oper zu sehen

von Joachim Lange  21.04.2025

Aufgegabelt

Mazze-Sandwich-Eis

Rezepte und Leckeres

 18.04.2025

Pro & Contra

Ist ein Handyverbot der richtige Weg?

Tel Aviv verbannt Smartphones aus den Grundschulen. Eine gute Entscheidung? Zwei Meinungen zur Debatte

von Sabine Brandes, Sima Purits  18.04.2025

Literatur

Schon 100 Jahre aktuell: Tucholskys »Zentrale«

Dass jemand einen Text schreibt, der 100 Jahre später noch genauso relevant ist wie zu seiner Entstehungszeit, kommt nicht allzu oft vor

von Christoph Driessen  18.04.2025

Kulturkolumne

Als Maulwurf gegen die Rechthaberitis

Von meinen Pessach-Oster-Vorsätzen

von Maria Ossowski  18.04.2025

Ausstellung

Das pralle prosaische Leben

Wie Moishe Shagal aus Ljosna bei Witebsk zur Weltmarke Marc Chagall wurde. In Düsseldorf ist das grandiose Frühwerk des Jahrhundertkünstlers zu sehen

von Eugen El  17.04.2025

Sachsenhausen

Gedenken an NS-Zeit: Nachfahren als »Brücke zur Vergangenheit«

Zum Gedenken an die Befreiung des Lagers Sachsenhausen werden noch sechs Überlebende erwartet. Was das für die Erinnerungsarbeit der Zukunft bedeutet

 17.04.2025

Bericht zur Pressefreiheit

Jüdischer Journalisten-Verband kritisiert Reporter ohne Grenzen

Die Reporter ohne Grenzen hatten einen verengten Meinungskorridor bei der Nahost-Berichterstattung in Deutschland beklagt. Daran gibt es nun scharfe Kritik

 17.04.2025