Glosse

Der Rest der Welt

Foto: Getty Images

Ich stamme aus dem Volk des Buches. Mein Werkzeug sind die Buchstaben. Ich behaupte nicht, dass ich mich in der Grammatik frei wie ein Fisch bewege. Aber irgendwie klappt es, und am Ende des Tages liefere ich der Redaktion einen Text ab.

Handwerkern gegenüber fühle ich mich immer im Nachteil. Was die können, ist schon allerhand. Geht etwas kaputt, nehmen die das richtige Werkzeug in die Hand und richten alles wieder her. Zum Beispiel der Klempner von vergangener Woche. Unser Sohn ließ ein Glas über dem Waschbecken fallen. Drei Haarrisse zierten dann ein paar Wochen das Becken. Bis meine Frau den Klempner anrief.

malheur Der kam, sah sich das Malheur an und riss das Waschbecken heraus. Ich staunte nicht schlecht. Es war verdammt laut, und ich musste einen komplizierten Text zu Papier bringen. Ich ging in die Küche und trank einen Kaffee. Der Klempner fluchte dreimal laut, und dann war er fertig. Im Bad funkelte ein neues Waschbecken.

Handwerkern gegenüber fühle ich mich immer im Nachteil. Was die können, ist schon allerhand.

Ich war noch nicht bei Satz drei angekommen, da hatte der Handwerker schon einem neuen Waschbecken ein neues Leben gegeben. Als der gute Mann wieder draußen war, wollte ich das Waschbecken einweihen. Da bemerkte ich, dass die Tür nicht mehr zuging. Er hatte ein zu großes Waschbecken eingebaut.

Es handelte sich vielleicht um einen Millimeter, mehr nicht. Aber die Tür ging nicht mehr zu. Im Bad ist das etwas unangenehm, vor allem, wenn Gäste zu uns kommen. Zum Glück haben wir fast keine Freunde, geraten also nicht in diese peinliche Lage.

toilettentür Meiner Frau war es aber wichtig, dass man die Tür zur Toilette schließen kann. Sie rief also nochmals an. Am nächsten Tag klingelte es. Vor der Tür stand mein Freund, der tollpatschige Klempner. Ich ließ ihn rein. Er sah sich die Sache an und schüttelte den Kopf. Also, sagte er, er habe das genau gleiche Modell da eingebaut. Da ich kein Klempner bin, nickte ich. Was weiß ich denn schon? Ich ging wieder in die Küche. Mein Freund, der Klempner, bohrte wieder die Nachbarschaft wach. Dabei fluchte er lautstark, wenn etwas auf den Boden fiel.

Ich nippte an meinem Kaffee und war der glücklichste Mensch der Welt. Vielleicht kann ich kein Waschbecken einbauen, aber der Klempner da auch nicht. Zumindest nicht beim ersten Anlauf.

Zwei Stunden besetzte er das Badezimmer, bis er erschöpft herauskam. Ich erkannte den Raum nicht mehr. Das Waschbecken befindet sich nun einen halben Meter weiter rechts. Den Toilettenpapierhalter muss ich noch suchen. Aber mein Selbstwertgefühl ist nun etwas besser.

Fernsehen

Arte zeigt Dokumentation über die Wurzeln jiddischer Musik

»Das Klezmer Projekt« ist ein bewegender dokumentarischer Liebesfilm

von Gaby Sikorski  15.11.2024

Imanuels Interpreten (1)

Flora Purim: Das Unikum

Die in Rio de Janeiro geborene Sängerin liefert eine einzigartige Melange der Klänge

von Imanuel Marcus  15.11.2024

Kolumnen

Die Zukunft umarmen

Anetta Kahane plädiert mit radikaler Unbedingtheit für eine offene Gesellschaft, befindet Rezensentin Sandra Kreisler

von Sandra Kreisler  15.11.2024

Amsterdam

Museum: Pissaro-Bild und tragische Geschichte seiner Eigentümer

Eine jüdische Familie muss ein Gemälde verkaufen, um zu überleben. Nun wird die Geschichte erzählt

 15.11.2024

Italien

Kino zeigt Film über Holocaust-Überlebende nicht

Aus Angst vor Protesten nimmt ein Filmtheater in Mailand die Doku »Liliana« aus dem Programm

von Robert Messer  14.11.2024

Literatur

»Schwarze Listen sind barbarisch«

Der Schriftsteller Etgar Keret über Boykottaufrufe von Autoren gegen israelische Verlage, den Gaza-Krieg und einseitige Empathie

von Ayala Goldmann  14.11.2024 Aktualisiert

Interview

»Wir sind keine zweite Deutsch-Israelische Gesellschaft«

Susanne Stephan über den neuen Verband Jüdischer Journalistinnen und Journalisten

von Ayala Goldmann  14.11.2024

Film

Verstörend

»No Other Land« blickt bewusst einseitig auf einen Konflikt zwischen Israels Armee und Palästinensern

von Jens Balkenborg  14.11.2024

USA

Leinwand-Kämpfer

»Fauda«-Star Lior Raz schwitzt und blutet nun auch in »Gladiator II«. Damit gehört er zur jüdischen A-List der Traumfabrik – und wird Teil einer alten Tradition

von Sarah Thalia Pines  14.11.2024