Da stehe ich also. Die Discokugel wirft hier und da ihre Glitzerlicht-Akzente, die Gesichter der Mittanzenden werden für einen kurzen Moment erleuchtet und verschwinden dann wieder im geheimnisvollen Dunkel des Klubs. Wobei ich meine Wortwahl vielleicht etwas präzisieren muss.
Denn während meine Freunde und alle anderen Klubgäste sich an diesem Abend nach zwei pandemiestarren Jahren zaghaft und dann immer ausgelassener an das Tanzen herantasten, stehe ich wie festgeklebt auf der Tanzfläche und beobachte die Szenerie.
kindergartenjahre Und während die anderen mein Dastehen irgendwie kurios oder auch nur schräg finden, weiß ich in diesem Augenblick ganz genau, dass ich mir über all die Jahre treu geblieben bin. Denn wie meine Eltern erzählen, habe ich schon in frühen Kindergartenjahren sämtliche dort abgehaltenen Feiern einsam in der Ecke stehend und schmollend verbracht.
Ihren Höhepunkt erreichte meine Party-Verweigerung ausgerechnet in den jugendlichen Oberstufenjahren an einem altehrwürdigen Gymnasium im osthessischen Schlüchtern. Während meine Jahrgangsstufe in einer für mich damals beängstigenden, sehr deutschen Effizienz eine Schuldisco nach der nächsten organisierte, stand ich nicht einmal in der Ecke, nein: Ich blieb den Disco-Abenden konsequent fern.
Kein Wunder, werden Sie sich jetzt bestimmt denken, so jemand kann später nur Zeitungsredakteur werden! Vielleicht ist da sogar etwas dran: Denn selbst in meinem jetzigen Beruf pflege ich eine Einsiedlerexistenz in meinem Frankfurter Bürozimmer, vier Zugstunden von allen Kolleginnen und Kollegen entfernt.
redaktionsluft Und selbst, als ich vor zwei Jahren für eine Weile Berliner Redaktionsluft schnupperte, verweigerte ich mich standhaft jedem Klubbesuch. Damals, Ende Februar 2020, dachte ich mir: Partys gibt es genug, ich gehe einfach auf die übernächste! Wer hätte da wissen können, dass ein kleines Virus dafür sorgt, dass in den Klubs für zwei Jahre das Licht ausgeht?
Ich gebe zu: Vielleicht war es mir sogar ganz recht, dass der Druck, ausgehen oder gar tanzen zu müssen, mit einem Mal verschwand. Doch jetzt gilt die Corona-Ausrede nicht mehr. Da stehe ich also auf der Tanzfläche und sehe den Mitmenschen dabei zu, wie sie die pandemischen Hemmungen und Beklemmungen nach und nach abschütteln. Tanzen, sage ich mir dann, werde auch ich ganz bestimmt – vielleicht ja auf der übernächsten Party …