Glosse

Der Rest der Welt

Von wegen schüchtern oder Warum Mütter manchmal irren

von Shira Silberstein  23.03.2022 08:07 Uhr

Jungs mit roten Haaren stehen hoch im Kurs. Foto: Getty Images

Von wegen schüchtern oder Warum Mütter manchmal irren

von Shira Silberstein  23.03.2022 08:07 Uhr

Ich habe mir einen lang gehegten Wunschtraum erfüllt und meinen Sammy auf einen Barmizwa-Trip nach Israel geschickt. Eine Woche Programm vom Feinsten, mit Besuch der Kotel, Masada im Morgengrauen, Wüstenrundfahrt, Kamelreiten, Party-Schifffahrt auf dem Kinneret … Traumhaft! Und das zusammen mit 100 anderen Kindern aus ganz Europa. Aufregend, oder?

Am letzten Abend stieg die große Party, es wurden Live-Filmchen an die Eltern zu Hause verschickt. Noch nie habe ich meinen Sammy so tanzen sehen. Ich bin ganz entzückt! Vor allem, weil Sammy eigentlich eher introvertiert und schüchtern ist. Ich hatte mir im Vorfeld wirklich Sorgen gemacht, wie sich mein kleiner Rotschopf wohl eine Woche lang mit einer Horde vorlauter Kinder herumschlagen würde.

flughafen Als wir Sammy vom Flughafen abholten, wirkte er völlig übernächtigt, im Auto schlief er sofort ein, sein Handy fest umklammert, das, munter vibrierend, anscheinend nonstop mit WhatsApp-Nachrichten zugespamt wurde. »Was wollen die denn alle von dir?«, fragte ich am nächsten Tag, als immer mehr Nachrichten eintrudelten.

»Ach, das sind nur so ein paar Mädels«, antwortete Sammy zögerlich. »Mädels, was denn für Mädels? Seit wann hast du denn etwas mit Mädels am Hut?«, fragte ich voller Panik.

Sammys nächster Israel-Trip wird strictly »Boys only«!

Es stellte sich heraus, dass einige Spanierinnen sich während der Israelreise in meinen Sammy verliebt und ihn nach seiner Telefonnummer gefragt hatten. Der aber wollte sie nicht rausrücken. Und so kreuzte irgendwann ein Trupp spanischer Jungs in Sammys Zimmer auf, die ihn auf den Schultern zum Mädchenquartier trugen und ihn dort wie ein Präsent vor der Zimmertür absetzten.

panik Aber statt sich mit den Spanierinnen anzufreunden, war Sammy in heller Panik geflüchtet. Daraufhin hatte irgendein Scherzkeks Sammys Nummer geleakt, und nun hagelte es charmante Messages auf Spanisch und Englisch.

»Das kommt, weil ich der einzige rothaarige Junge dort war«, meinte Sammy. »Spanierinnen stehen anscheinend auf Rothaarige! Und was mache ich jetzt mit denen? Ah, ich weiß, ich blockiere sie einfach!«

Ich erklärte Sammy, dass man zu Mädchen immer höflich und zuvorkommend sein muss, auch auf WhatsApp. Er sah mich verwundert an. Und nachdem er bemerkt hatte, dass ich für seinen Plan wenig Verständnis aufbringen konnte, machte er sich unter lautem Seufzen daran, seine spanische Fanpost zu beantworten.

copy and paste »Ich schicke einfach dieselbe Nachricht an alle, Copy and Paste, das spart Zeit.« Fieberhaft tippte Sammy auf seinem Handy. »Soll ich denen auch ein Foto schicken? Haben wir ein Foto von mir, auf dem ich braun gebrannt am Strand liege? Oder eines mit Sixpack?« Ich rollte mit den Augen.

Da fängt Sammys Handy wieder an zu vibrieren. »Das sind meine Kumpels von der Israelreise«, ruft Sammy mit leuchtenden Augen. »Sie fragen, ob sie auch ein paar von den Nummern haben könnten, dann würden wir uns die Arbeit aufteilen!« Dazu fällt mir jetzt wirklich überhaupt nichts mehr ein. Außer: Sammys nächster Israel-Trip wird strictly »Boys only«!

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

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Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

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NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

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Berlinale

Auseinandergerissen

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Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

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