Es gibt einen seit Langem schwelenden Konflikt, der sich durch die Corona-Bedingungen in eine handfeste Schlacht ausgewachsen hat. Ort des Geschehens: meine Wohnung. Streitobjekt: Screen Time! Es wird täglich immer schwieriger, die Gören von den Bildschirmen wegzuzerren.
Tennisstunden Was habe ich nicht alles versucht, um ihren Terminkalender mit anderem, wertvollerem Zeitvertreib anzufüllen: Reit- und Tennisstunden, Wasserball, Rhythmische Sportgymnastik. Eigentlich schnurz! Hauptsache, die Kids sind eine Zeit lang beschäftigt und können ihre kleinen gierigen Grapscher nicht nach ihren Gadgets ausstrecken.
Und jetzt? Seit Kurzem sind die Sportvereine zu, die Schwimmbäder geschlossen, der Klettergarten desgleichen, ebenso abgeschrieben sind Vergnügungen wie Ruderbootfahren, Minigolf oder das Kindermuseum. Kurzum: Die Luft wird langsam dünn, und meine Kinder planen bereits einen kombinierten Handy-Tablet-Computer-Marathon.
Instagram Auch die anderen Eltern werden langsam nervös. Meine beste Freundin hatte aus lauter Verzweiflung einen Hamster angeschafft, um die Kids von ihren Screens abzulenken. Doch das lief nicht ganz so wie geplant: Der Hamster lernte unter ihrer Anleitung die neuesten Dance Moves und wurde im Handumdrehen der Star auf sämtlichen TikTok- und Instagram-Accounts. Die Kids klebten am Schirm wie nie zuvor.
Auch in den Parks, Gärten und Spielplätzen das gleiche Bild: Statt zu spielen, posen die Kleinen vor dem Klettergerüst und filmen sich gegenseitig für ihren Blog auf YouTube. Die teuflischen kleinen Screens sind eben mobil und allgegenwärtig, sie werden hinter Comics versteckt oder unter der Bettdecke und sind sogar beim Müll-raus-Bringen, Hundespaziergang oder beim Spülmaschine-Ausräumen dabei. Man kann sie schließlich nicht wegsperren – oder?
Google Verzweifelt google ich: Kinder + Handy + wegsperren, und siehe da: die Lösung!!! Das Ding nennt sich »Handy-Safe«, eine schicke kleine Box für Handys und Tablets, mit einem Zahlencode und Schlüsselchen versehen, eigentlich für den Strandurlaub gedacht. Genial! Warum bin ich darauf nicht schon früher gekommen? Sämtliche Screens verschwinden schon bald in meinem Safe. Ab jetzt müssen meine Kids sich jede Minute ihrer Screen Time verdienen!
Jede von mir ausgewählte, pädagogisch hochwertvolle Old-School-Aktivität bringt pro Stunde zehn Minuten Screen Time!
Am Montag kochen meine Kids stundenlang Marmelade ein, lernen, wie man Socken strickt, gießen ihre eigenen Kerzen, lassen Drachen steigen. Und fallen danach völlig mürbe in ihre Betten. Die angesparte Screen Time wird auf den nächsten Tag verschoben.
Das Programm am Dienstag: Kekse backen, Glasmalerei, Nachbars Hund ausführen, Papierflieger basteln, und am Abend pennen die beiden vor ihren Screens ein. Triumph!
Bingewatching Bis Mittwochabend hatten sich die Kids 15 Stunden Screen Time angespart. Wir machten Popcorn und guckten Zurück in die Zukunft, Teil 1 bis 3. Jetzt sind immer noch zehn Stunden übrig! Ich spiele mit dem Gedanken, den Kids ihre Screen Time einfach abzukaufen. Und dann starte ich einen Binge-Watching-Marathon.