Nicht nur ich staune. Auch alle, die mich gut kennen, hätten es nicht für möglich gehalten, dass ich so lange dabeibleibe: Seit siebeneinhalb Jahren gehe ich regelmäßig ins Fitnessstudio. Das ist ein wahres Wunder! Denn in der Schulzeit wurde ich immer als Letzter ins Volleyballteam gewählt.
»No Sports« war auch im Studium meine Maxime. 2013 aber überredete mich meine damalige Mitbewohnerin zur Anmeldung in einem Sportstudio. Dessen Mitarbeiter musterte mich ungläubig und fragte freundlich, aber bestimmt: »Wollen Sie das wirklich?«
Bodybuilder Ich muss sehr schmächtig und sehr unsicher gewirkt haben. Aber ich wollte es nun mal ausprobieren! Heute glaube ich, dass sich mein Erscheinungsbild sichtbar gewandelt hat. Doch keine Angst: Ich bin kein Bodybuilder, der seinen täglichen Trainingsfortschritt vor dem Spiegel begutachtet, fotografiert und auf Instagram postet. Ich staune bloß, dass es mit mir und dem Fitnessstudio überhaupt etwas geworden ist! Denn ich gehe wirklich gern hin.
Als ich in den Nuller-Jahren studiert habe, galten sogenannte Muckibuden als eine etwas anrüchige Freizeitbeschäftigung für notorische Pumper. Heute habe ich den Eindruck, dass jeder und jede unabhängig von Alter und Herkunft trainieren geht: Fitness ist des Großstädters liebstes Hobby! Fitnessstudios haben sich zu einem demokratischen Ort entwickelt, an dem Menschen zusammenkommen, die sich sonst nicht über den Weg trauen.
Künstler Ich genieße das Training als eine Auszeit: Im Sportstudio treffe ich selten auf Künstler oder auf Kollegen, die auch »was mit Medien« machen. Dass ich dann aber Menschen begegne, die zwischen zwei Übungen verlautbaren, dass sie »nicht an Corona glauben« oder in der Trainingspause kreative Vorschläge zur Lösung des Nahostkonflikts unterbreiten, ist die Kehrseite der Medaille.
Apropos Corona. Das Virus schmälert nicht nur das Fitnessvergnügen, sondern auch die Muskelmasse – falls Sportstudios pandemiebedingt wieder schließen müssten. Aber der Anblick von in einem Innenraum nebeneinander keuchenden und schwitzenden Männern und Frauen versetzt nicht nur Virologen in Sorge, sondern ganz besonders mich.
Outdoor Die Frage ist ja: Was nun? Es ist ja nicht so, dass wir – wie es in Israel zum Beispiel der Fall ist – »Outdoor-Gyms« hätten. Denn was gibt es Besseres, als unter freiem Himmel Sport zu machen? Noch hat sich dieses Konzept in Deutschland kaum herumgesprochen.
Vielleicht wird sich das ja nach Corona ändern? Und dann, dann werde ich ein richtiger Bodybuilder.