Finale

Der Rest der Welt

Schabbat oder Warum ich mit meinem Latein am Ende bin

von Beni Frenkel  22.10.2020 11:53 Uhr

Was nur heißt »Prärogativ«? Foto: Getty Images

Schabbat oder Warum ich mit meinem Latein am Ende bin

von Beni Frenkel  22.10.2020 11:53 Uhr

Am Schabbesnachmittag gehe ich mit der Frau spazieren. Von Chassidim habe ich einmal gehört, dass ihnen vom Rebbe aufgetragen wurde, sich pro Woche exakt eine Stunde mit der Frau zu befassen. Manchmal dauert unser Spaziergang sogar zwei Stunden. Wir reden über Kinder, Geld und die bösen Schwiegereltern. Diese Dreifaltigkeit kittet jede Ehe, finde ich.

Von weitem sehen wir ein anderes Pärchen. Sie ist Apothekerin, er Arzt. Wir kennen uns nur flüchtig von der Synagoge. Ich weiß nur, dass sie drei oder fünf Kinder hat. Er ist Chefarzt in einem kleinen Spital. Wir halten an. Smalltalk.

Bla Bla Kicher Die beiden Frauen quatschen, wir Männer stehen wie vor der Garderobe. Meine Frau: »Bla bla bla mein Mann schläft ja immer bis tief in den Nachmittag bla bla bla«. Die Apothekerin: »Kicherkicher bla bla bla ja, der Schlaf ist dann wohl das letzte Prärogativ ihres Mannes bla bla bla.« Wir alle lachten laut auf.

Als die beiden außer Hörweite waren, fragte mich die Frau: »Du, was ist ein Prärogativ?« Ich musste schmunzeln. Das Wort Prärogativ setzt sich aus dem Lateinischen prä (vor) und dem Griechischen rogativ (fragen) zusammen. Also »Vorfragen«. Der Schlaf ist also das letzte »Vorfragen« des Mannes. Meine Frau sagte nur: »Aha!« Ich hingegen wusste, dass das kaum die richtige Übersetzung sein kann.Das Wort »Prärogativ« beschäftigte mich den ganzen Schabbat.

Duden Wie kann es sein, dass eine Apothekerin en passant ein Wort benutzt, dass ich nicht kenne? An den Rechner gehen konnte ich nicht, wegen Schabbat. Ich suchte die ganze Wohnung nach diesem gelben Buch ab. Nein, nicht das Telefonbuch. Himmel, wie heißt das schon wieder? Ach ja, Duden! Aber wir haben keinen Duden mehr. Seit 1996 nicht mehr.

Ich ging ins Zimmer der Tochter und blätterte in ihrem Schülerduden nach. Aber der wusste auch nicht, was »Prärogativ« bedeutet. Das tröstete mich ein wenig. Aber nicht lange. Was, wenn Prärogativ Impotenz bedeutet? Wenn die Apothekerin also über etwas Intimes von mir Scherze machte? Das ist überhaupt nicht lustig. Und ihr Mann, der Dreckskerl, hat laut und frech über mich gelacht.

Endlich war der Schabbat zu Ende. Ich rannte zum Computer und machte mich schlau. Also, Prärogativ bezeichnet das Vorrecht eines Monarchen. Mein Schlaf ist also das letzte Vorrecht eines Königs? Warum und wieso? Ich verstehe jetzt gar nichts mehr. Das nächste Mal brülle ich die Apothekerin an: »Wissen Sie was? Sie sind das Prärogativ unseres Bundespräsidenten. Pech, Herr Chefarzt!«

Saarbrücken

Moderne Galerie zeigt Illustrationen von Marc Chagall

Die Schau »Marc Chagall. Die heilige Schrift« ist bis zum 25. April 2025 zu sehen

 21.11.2024

Fußball

Neuer wackelt: Plötzliche Chance für Peretz im Bayern-Tor?

Manuel Neuer plagt »ein Stechen im Rippenbereich« und Sven Ulrteich fällt vorerst aus persönlichen Gründen aus

 21.11.2024

Gut besucht: die Konferenz in Berlin

Zionismus-Tagung

Vom Recht auf einen souveränen Staat

In Berlin diskutieren Referenten und Teilnehmer aus Deutschland und Israel verschiedene Aspekte

von Detlef David Kauschke  21.11.2024

Veranstaltungen

Sehen. Hören. Hingehen.

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 21. November bis zum 28. November

 21.11.2024

Liedermacher

Wolf Biermann: Ein gutes Lied ist zeitlos gut

Er irre sich zuweilen, gehöre habe nicht zu den »irrsten Irrern«, sagt der Liedermacher

 21.11.2024

Nachruf

Meister des Figurativen

Mit Frank Auerbach hat die Welt einen der bedeutendsten Künstler der Nachkriegsmoderne verloren

von Sebastian C. Strenger  21.11.2024

Berlin

Ausstellung zu Nan Goldin: Gaza-Haltung sorgt für Streit

Eine Ausstellung würdigt das Lebenswerk der Künstlerin. Vor der Eröffnung entbrennt eine Debatte

von Sabrina Szameitat  21.11.2024

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 21.11.2024

Fachtagung

»Kulturelle Intifada«

Seit dem 7. Oktober ist es für jüdische Künstler sehr schwierig geworden. Damit beschäftigte sich jetzt eine Tagung

von Leticia Witte  20.11.2024