Finale

Der Rest der Welt

Für viele Jugendliche ist die Jewrovision der Ort, um zusammenzukommen. Wie hier in Dresden 2018. Foto: Gregor Zielke

Die ganze Welt spricht von Corona, dem heimtückischen neuen Virus, und wie man sich davor schützen kann. Klar, man bleibt zu Hause, schränkt alle unnötigen Interaktionen mit Mitmenschen ein und hamstert Lebensmittel. Und was tue ich?

Öffis Ich freue mich darauf, nach Berlin zu reisen, in Deutschlands Hauptstadt des »Arm, aber sexy«-Chaos. Nirgendwo in Deutschland kann man sich wohl schneller im öffentlichen Nahverkehr die galoppierende Schwindsucht holen als dort.

Amen, was haben wir Juden Mut!

Und nein, das reicht mir noch nicht an Tollkühnheit: Ich möchte mich mit Tausenden jungen Leuten in einer Veranstaltungshalle versammeln, in der gemeinsam und Arm in Arm gesungen, getanzt, geherzt und gebetet wird. Amen, was haben wir Juden Mut!

Mut ist eine der großen Säulen der Jew­rovision, denn Mut brauchen die zahlreichen jugendlichen Teilnehmer, die nach Wochen und Monaten fast täglichen Trainings ihre erarbeiteten Live-Acts dem kritischen, aber auch begeisterten Publikum von jüdischen Gemeinden aus ganz Deutschland und somit auch Freunden, Familienmitgliedern und natürlich der geladenen Jury präsentieren.
Mut soll auch vermittelt werden, indem der Zusammenhalt und das Bekenntnis zur gelebten jüdischen Identität gefördert wird.

Europa Etwas, was leider 2020 immer noch nicht selbstverständlich ist beziehungsweise in den vergangenen Jahren immer wieder infrage gestellt wird. Sind wir, wenn optisch als jüdisch erkennbar, ob durch Kippa oder Davidstern um den Hals, in der Öffentlichkeit vor Übergriffen sicher? Auf keiner anderen Großveranstaltung in Europa wird das »Jüdischsein« derart zelebriert wie auf der Jewrovision.

Die Energie und die Vorfreude auf das Spektakel auf der Bühne ist mehr als ansteckend.

Als ich 2015 zum ersten Mal in die Jury geladen wurde, war ich bei der gemeinsamen Hawdala mit Hunderten Kindern und ihren Familien in einem Raum schlicht überwältigt. So etwas kannte ich nur aus Israel, und ich konnte mich nicht entsinnen, jemals in Deutschland mit so vielen Juden in einem Raum gewesen zu sein.

Die Energie und die Vorfreude auf das Spektakel auf der Bühne ist mehr als ansteckend, und ich bin seitdem mit dem Jewrovision-Virus infiziert – und zwar chronisch!

Supertalente Jedes Jahr freue ich mich wahnsinnig, wenn die Einladung zur Jury kommt. Ich fühle mich geehrt und kann es nicht erwarten, die neuen jüdischen Supertalente auf der Bühne zu bewundern.

Die Leistungen der jungen Sänger, Tänzer und Videokünstler haben sich in den vergangenen fünf Jahren konstant gesteigert, und ich versuche trotzdem, immer genau hinzusehen und zu -hören, die Künstler zu honorieren, die mich emotional berühren und deren Ausstrahlung mich überzeugt, dass sie auf diese Bühne gehören.

----

Leider musste die Jewrovision wegen des Corona-Virus abgesagt werden.

Konzerte

Yasmin Levy in München und Zürich

Die israelisch-türkische Künstlerin aus einer sephardischen Familie singt auf Ladino, bzw. Judäo-Spanisch, einer fast vergessenen Sprache

von Imanuel Marcus  15.01.2025

Malerei

First Ladys der Abstraktion

Das Museum Reinhard Ernst in Wiesbaden zeigt farbenfrohe Bilder jüdischer Künstlerinnen

von Dorothee Baer-Bogenschütz  14.01.2025

Leipzig

»War is over« im Capa-Haus

Das Capa-Haus war nach jahrzehntelangem Verfall durch eine bürgerschaftliche Initiative wiederentdeckt und saniert worden

 14.01.2025

Debatte

»Zur freien Rede gehört auch, die Argumente zu hören, die man für falsch hält«

In einem Meinungsstück in der »Welt« machte Elon Musk Wahlwerbung für die AfD. Jetzt meldet sich der Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner zu Wort

von Anna Ringle  13.01.2025

Krefeld

Gütliche Einigung über Campendonk-Gemälde

An der Einigung waren den Angaben nach die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth (Grüne), das Land NRW und die Kulturstiftung der Länder beteiligt

 13.01.2025

TV

Handgefertigte Erinnerung: Arte widmet Stolpersteinen eine Doku

Mehr als 100.000 Stolpersteine erinnern in 30 Ländern Europas an das Schicksal verfolgter Menschen im Zweiten Weltkrieg. Mit Entstehung und Zukunft des Kunstprojektes sowie dessen Hürden befasst sich ein Dokumentarfilm

von Wolfgang Wittenburg  13.01.2025

Mascha Kaléko

Großstadtdichterin mit sprühendem Witz

In den 20er-Jahren war Mascha Kaléko ein Star in Berlin. Die Nazis trieben sie ins Exil. Rund um ihren 50. Todestag erleben die Werke der jüdischen Dichterin eine Renaissance

von Christoph Arens  13.01.2025

Film

»Dude, wir sind Juden in einem Zug in Polen«

Bei den Oscar-Nominierungen darf man mit »A Real Pain« rechnen: Es handelt sich um eine Tragikomödie über das Erbe des Holocaust. Jesse Eisenberg und Kieran Culkin laufen zur Höchstform auf

von Lisa Forster  13.01.2025

Sehen!

»Shikun«

In Amos Gitais neuem Film bebt der geschichtsträchtige Beton zwischen gestern und heute

von Jens Balkenborg  12.01.2025