Finale

Der Rest der Welt

Engelsflügel, Strass-Slip: Fertig ist der Prolo-Party-Look! Foto: Getty Images/iStockphoto

Finale

Der Rest der Welt

Roter Teppich und enge Kleider – ein fast ganz normaler Abend

von Tamara Goldstein  16.01.2020 10:24 Uhr

Endlich, endlich ist der ganze Zirkus vorbei, und ich kann die Samstagabende wieder in meinem fluffigen rosa Morgenmantel auf dem Sofa verbringen – mit einer Tüte Nachos, in meinen Bunny Slippers – und A Star is Born zu Ende gucken.

XXL-Ausschnitt Nie wieder die ganze Nacht in wackligen Stilettos in irgendwelchen drittklassigen Festsälen Hora tanzen – umgeben von der kreischenden Papageienschar der anderen Mütter, in ihren engen Minikleidchen mit XXL-Ausschnitten.

Jawoll, die Barmizwa-Saison ist endgültig vorbei! Endgültig? Nein, es fehlt noch die Party von Sima Siron, der Mama mit dem engsten Kleidchen und dem tiefsten Dekolleté. Das wird ein echter Kracher! Ein riesiger Konzertsaal wurde angemietet, die Diamanten-Schwarzgeldkonten werden geplündert und Live Acts aus Israel eingeflogen! Das Ganze ist natürlich strictly VIP, Baby!

Updates Nur die Schönsten und Reichsten werden auf den roten Teppich gelassen. Tja, damit bin ich wohl draußen. Seufzend sinke ich aufs Sofa zurück und greife nach der Fernbedienung. Meine Tochter Emma wird die Familie würdig vertreten und mir regelmäßige Updates schicken.

Um 22.15 Uhr kommt dann auch prompt die erste Nachricht von Emma: »Mama, da stehen zwei Damen am Eingang, die tragen Kleider, ganz aus Champagnergläsern, montiert auf so Draht-Krinolinen, und alle können sich ein Glas wegnehmen, und drunter tragen die Damen goldene Bikinis!« Ich schüttele verwundert den Kopf.

Feuerschlucker Nächstes Update. Es kommen Jongleure und Feuerschlucker, bekleidet nur mit kleinen goldenen Höschen und einer dünnen Schicht Goldspray! So, jetzt reicht’s mir. Ich texte meinem Kontaktmann Itzik. Itzik schickt mir ein Filmchen von der Bühne. Man sieht ein paar riesige goldene Engelsflügel von hinten, langsam drehen sich die Flügel um und präsentieren eine Frontalansicht auf einen hünenhaften, gänzlich mit Glitter besprühten Muskelmann in einem winzigen, mit Strass besetzten Slip.

Unter dem Jubel der anwesenden Mütter segelt der Slip schließlich ins Publikum, übrig bleibt nur ein kleiner silberner Stringtanga. »Was ist wohl das Motto dieser Party?«, fragt mein Mann. »Sodom und Gomorra?« »Komm«, sage ich, »wir müssen Emma sofort da rausholen!«

Security Ich zwänge mich in meinen engen Leoparden-Fummel vom letzten Purimfest, Stilettos und ’ne rosa Federboa dazu: Fertig ist der Prolo-Party-Look! Problemlos passieren wir die Security. Ich halte in der Party-Crowd Ausschau nach Emma, aber sie und ihre Klassenkameraden sind nirgendwo zu sehen.

Ich kämpfe mich zum Backstage-Bereich vor. Da sitzt ein weiterer halb nackter Flügelmensch auf einem Samtsofa, umgeben von Emma und ihren Freunden. »Mama, das ist Ofer!«, kreischt meine Tochter begeistert. »Er zeigt uns, wie man auf dem Handy ›Call of Duty‹ spielt – mit richtigen Bazookas! Wir spielen gerade Operation Tanga!«

»Du meinst ›Operation Tonga‹, 1944 in der Normandie«, sage ich leise. Und still verbuche ich eine weitere kleine Niederlage auf dem steinigen Weg zu Emmas perfekter Erziehung.

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