Neuwahlen in Israel! Und das am 22. Januar 2013, mitten im deutschen Winter! Eine bessere Nachricht hätte es für mich nicht geben können – jetzt, wo die Tage kürzer werden und mir wieder schmerzlich klar wird, wie nahe Berlin am Polarkreis liegt. Schon seit geraumer Zeit suche ich Gründe, eine neue Israelreise zu rechtfertigen (ich war erst im März dort). Doch jetzt bleibt mir gar nichts anderes übrig: Als Inhaberin eines israelischen Passes fühle ich mich moralisch verpflichtet, die Zukunft des einzigen jüdischen Staates auf der Welt mitzubestimmen – was laut dessen Wahlgesetz in der israelischen Botschaft in Berlin aber nicht möglich ist.
Will ich also meinen Enkeln einmal glaubwürdig versichern, dass Bibi Netanjahu seine dritte Amtszeit nicht mir zu verdanken hatte, gibt es keine Alternative zu einem Flug nach Tel Aviv. Und: Wenn ich schon nach Israel fliege, hat es natürlich keinen Sinn, vor Ablauf einer Woche zurückzukommen – bekanntlich liegen Themen für Journalisten im Heiligen Land auf der Straße. Ohne einen Besuch bei meinem 98-jährigen Onkel komme ich auch nicht davon. Abgesehen davon geht es um meine Gesundheit. Im deutschen Winter leide ich Jahr für Jahr an ausgeprägtem Missmut. Berlin ist ein Jodmangelgebiet; ich bin dringend angewiesen auf Zufuhr von Meeresluft.
Meeresspaziergang Gegen meinen Vitamin-D-Mangel kann nur das Licht eines nahöstlichen Himmels helfen, der sich nicht hinter grauen Wolken versteckt. Ich gebe zu, mein Mann könnte meiner Argumentation mindestens drei Einwände entgegensetzen. Auch Meerespaziergänge an der Ostsee können gesund sein. (Aber wer will schon im Winter in Zinnowitz sein statt in Jaffo?) Unseren heiß geliebten Sohn sieben Tage lang alleine zu betreuen, bedeutet nicht immer nur reine Freude.
Das eigentliche Problem ist aber, dass 57 Prozent aller Israelis – so haben Meinungsforscher ermittelt – Herrn Netanjahu auch in Zukunft für den geeignetsten Mann als Regierungschef halten. Selbst wenn also alle in Berlin lebenden Israelis – es sollen etwa 20.000 sein – sich am 21. Januar ins Flugzeug setzen und am 22. Shelly Yachimovich wählen, wird der Wahlsieger wahrscheinlich wieder Bibi heißen.
Aber mein eigentliches Ziel ist ja ein ganz anderes: mich zu erholen und nicht wieder völlig erschöpft aus Israel zurückzukommen wie beim letzten Mal. Denn über eine große Familie soll man nicht meckern – aber besuche ich sie alle, ist mein Tank leer und der Urlaub vorbei. Außer meinem Onkel darf also niemand erfahren, dass ich nach Israel fliege.
Diesmal werde ich auch nur nette Menschen interviewen –keine Siedler, keine Charedi-Politiker und keine Berufsaktivisten. Um Jerusalem mache ich einen großen Bogen! Und nach der Wahl werde ich keinen Gedanken an die neue Koalition verschwenden, sondern lange am Strand von Tel Aviv spazierengehen und mir am Toten Meer die ultimative Schlammmassage verpassen lassen. Ben Gurion, ich komme!